Ganzheitlich fördern

 
Fördern ganzheitlich
Führungskompetenz, Handlungskompetenz, Kritikfähigkeit. Solche und andere Eigenschaften beobachten wir bei Menschen, die wir gerne als Chefs in einer Firma oder Leiter in einer Organisation akzeptieren. Wie eignen wir uns solche Eigenschaften an, wenn wir selbst in eine Leitungsverantwortung berufen werden? Benedikt Walker sieht einen engen Zusammenhang zwischen Gottesbeziehung und Führungsaufgabe.

Anhand des Leitsatzes „Ora et Labora“ versucht die benediktinische Tradition, die Gestaltung des Alltags ganzheitlich zu umschreiben. So gehören die Herausforderungen in der Arbeit und die Ausübung der Gottesbeziehung eng zusammen. Gleichzeitig betont die benediktinische Tradition, dass der Mensch ein Beziehungswesen ist und sich sowohl in der Arbeit als auch in der Ausübung des Gebets den Mitmenschen stellen muss. Daraus lassen sich für ein ganzheitliches Leben drei Dimensionen ableiten:

a) Die Dimension der Leistungsfähigkeit: Arbeiten gehört zum Leben. Wir sind aufgefordert, unsere Leistungsfähigkeit zu steigern und eine gesunde Beziehung zur Arbeit zu pflegen. Damit ehren wir unseren Gott.

b) Die Dimension der Beziehungsfähigkeit: Als Menschen sind wir in ein Umfeld von Mitmenschen gestellt. Der Umgang mit ihnen drückt unsere Achtung dem Schöpfergott gegenüber aus.

c) Die Dimension der Anbetungsfähigkeit: Das Gebet hat bei den Mönchen einen sehr hohen Stellenwert und ist ein direkter Ausdruck der Ehrfurcht vor Gott. Die regelmässigen Gebetszeiten über den Tag verteilt drücken aus, dass keine Tätigkeit so wichtig ist wie das Gebet.

Abgeleitet aus der benediktinischen Tradition, sollte sich jeder Mensch in verschiedenen Kompetenzbereichen entwickeln und gefördert werden. Eine ganzheitliche Förderung umfasst Kompetenzen aus drei Bereichen, die mit „sachliche Ebene“, „persönliche Ebene“ und „geistliche Ebene“ umschrieben werden können.

Menschen fachlich fördern
Diese Ebene umschreibt die Leistungsfähigkeit und umfasst Kompetenzen wie zum Beispiel das Fachwissen, die Methodenkompetenz und die Kommunikationsfähigkeit. Mit einem kurzen, sehr intensiven Aufwand können diese Kompetenzen gefördert werden. Das Motivierende ist, dass der Erfolg schnell sichtbar wird.

Diese Ebene besitzt in unserer Leistungsgesellschaft einen sehr hohen Stellenwert. So ist bei einer Bewerbung das Vorweisen von Abschlüssen und Titeln entscheidend. Durch eine Weiterbildung (z.B. durch einen Kurs oder ein selbständiges Literaturstudium) kann dieser Kompetenzbereich gefördert werden.

Menschen persönlich fördern
 
Ora et Labora
Diese Ebene umschreibt die Beziehungsfähigkeit und umfasst Kompetenzen wie etwa die Sozialkompetenz, die emotionale Kompetenz, die Handlungskompetenz und die Kritikfähigkeit. Dieser Kompetenzbereich ist für die Glaubwürdigkeit und den Umgang mit Mitmenschen entscheidend. Eine reife Persönlichkeit besitzt in dieser Ebene sehr hohe Kompetenzen.

Die Förderung kann nicht durch ein Literaturstudium erfolgen. Es braucht die Bereitschaft, mit anderen Menschen Beziehungen einzugehen, verletzt und geschliffen zu werden. Freundschaften, Wohngemeinschaften und Familie können ein gutes Übungsfeld bilden. Die ersten zwanzig Lebensjahre sind für diese Ebene sehr prägend.

Menschen geistlich/spirituell fördern
Diese Ebene umschreibt die Anbetungsfähigkeit und umfasst Kompetenzen wie zum Beispiel die spirituelle Kompetenz, geistliche Mündigkeit und die Werte. Die Förderung kann durch das persönliche Bibelstudium, Stille-Zeiten, den Gottesdienst und die geistliche Begleitung erfolgen. Sie ist ein lebenslanger Prozess. Diese Ebene ist die wichtigste Ebene und bildet die Basis des Handelns.

Wir können beobachten, dass Leitungspersonen, die an ihren Aufgaben scheitern, oft an ihren Schwächen im menschlichen oder geistlichen Bereich scheitern.

Veränderungen auf der menschlichen und der geistlichen Ebene sind oft nur möglich, wenn entweder eine innere Bereitschaft vorliegt oder eine Krise besteht, die zu einer Veränderung zwingt (Scheidung, Todesfall in der Familie, Kündigung, finanzielle Schwierigkeiten). Und: Veränderungen können sehr schmerzhaft sein!

Selfcoaching
Jeder Mensch ist aufgefordert, sich in allen drei Kompetenzbereichen weiter zu entwickeln. Diese Aufgabe und die Verantwortung darf nicht einfach an die Leitung delegiert werden. Optimal ist, wenn des Selfcoaching von einem Coach begleitet wird. Dieser hilft uns, das Potential zu entdecken und gezielt zu entwickeln. Hilfreich ist ein persönlicher Entwicklungsplan, der jährlich aufgestellt wird. Der Entwicklungsplan umfasst die sachliche, die persönliche und die geistliche Ebene. Er gibt an, welche Aspekte in den nächsten Monaten gefördert werden, wie kontrolliert wird und welche Personen den einzelnen Prozess unterstützen.

Was bedeutet dies für die Förderung von Mitarbeitenden?
Es gibt die alte Weisheit: „Unternehmen sind erfolgreich durch ihre Mitarbeiter.“ Deshalb liegt das Geheimnis der Langlebigkeit von Unternehmen darin, wie man die Mitarbeiter aufbaut und wie man sie führt.“ Die Weisheit zeigt die Wichtigkeit der Mitarbeiterförderung, die sowohl für die ehrenamtlichen als auch die angestellten Mitarbeitenden gilt. Eine ganzheitliche Mitarbeiterförderung umfasst alle drei Kompetenzbereiche und wird so dem ganzen Menschen gerecht. So ist der Mitarbeitende einerseits eine Fachkraft mit einem Leistungsauftrag. Anderseits ist er ein menschliches Gegenüber und ein Geschöpf Gottes. h

Autor: Dr. Benedikt Walker ist Leiter der Vereinigten Bibelgruppen, VBG.


Quelle: Bausteine/VBG

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