Mit falschen Erwartungen in die Ehe

 
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Peter wurde von seinen Eltern als Einzelkind vergöttert. Sie hielten ihn für ein Genie und stellten hohe Erwartungen an ihn, die er zu erfüllen suchte. Später ging es ihm ähnlich mit seiner zukünftigen Partnerin. Er erwartete eine perfekte Frau und Mutter. Die Forderungen waren so hochgeschraubt, dass nur ein Supermensch sie erfüllen konnte. Tragischerweise hing Peter viele Jahre an diesem selbstgezimmerten Ideal und war nicht bereit es aufzugeben. Was seine Frau schliesslich krank machte.

Begonnen hatte es mit einer Liebesromanze. Er der blonde und blauäugige Abgott seiner Eltern. Sie die mickrige Jüngste einer zerbrochenen Ehe und Flüchtlingskind. Für ihn war es eine Spielerei. Sieben Jahre zog sich ihre Bekanntschaft schon hin, ohne dass er ernsthafte Schritte unternahm. Als sie ihn im Gespräch stellte, wies er den Gedanken an eine Ehe für weitere fünf Jahre von sich. Sie rastete aus und versuchte sich mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben zu nehmen., danach stürzte sie sich aus dem Wohnhaus und erlitt einen Wirbelbruch. Wie durch ein Wunder überstand sie alles und wurde wieder vollkommen gesund. Ein Jahr später feierten sie Verlobung und bald darauf Hochzeit.

Ritual der Verdrängung
Was sie suchte, war Liebe und Verständnis. Er hingegen erwartete eine schöne und begehrenswerte Frau, die Interesse und Bewunderung für seine wissenschaftliche Arbeit zeigte. Hildegard war bloss Lehrerin, was nicht Peters Niveau entsprach. Sie sollte noch Psychologie studieren. Aber sie wollte nicht und flüchtete sich in die Mutterrolle. Peter fühlte sich dadurch entthront und zog sich völlig von ihr zurück, sogar im Ehebett. Immer mehr vergrub sich Peter in seine wissenschaftlichen Aufgaben und schwieg immer zu, Hildegard redete ununterbrochen. Als sie merkte, dass Peter ihr überhaupt nicht zuhörte, fing sie an ihre Gedanken nieder zu schreiben. Am Wochenende kümmerte sie sich um die Kinder und Peter grübelte ihm Dachgeschoss. Zum Mittagessen kam er herunter. Eine schöne Platte Barockmusik wurde aufgelegt, Kerzen angezündet und ein guter Wein getrunken. Am Nachmittag ging sie dann allein mit dem Kind spazieren. Woche für Woche spielte sich das Gleiche ab und Hildegard fühlte sich immer elender und einsamer, schwere Depressionen stellten sich ein.

Dann kam Julia gegen Peters Willen zur Welt. Trotzdem ging er dieses Mal mit zur Entbindung. Dadurch baute sich sofort eine innige Beziehung zwischen ihm und Julia auf. Ihre Ehe verbesserte sich jedoch nicht . Hildegard vergrub sich zusehends in die Literatur und versuchte gleichzeitig die perfekte Mutter zu sein. Schliesslich wurde sie körperlich krank. Drei schwere Operationen folgten auf einander. Hildegard fiel als Mutter und Hausfrau aus. Peter kümmerte sich nun mehr um die Kinder, aber nicht um sie. Ein Au-pair-Mädchen zog in Hildegards „Dichterzimmer samt Freund ein.

In dieser schrecklichen Zeit fand Hildegard zum Glauben an den lebendigen Gott. Sie kam so verändert von einem Anlass zurück, dass ihr Mann vor einem Rätsel stand. Peter wurde durch ihr Verhalten so neugierig, dass er Hildegard sogar zu den christlichen Versammlungen begleitete.

Verzeihen erneuert Beziehung
Ein halbes Jahr später fand auch er zu Jesus. Zusammen erlebten sie mit ihren Kindern eine wunderbare Phase der Erholung und Entspannung. Dann begann ihre verdrängten Konflikte erneut aufzubrechen. Hildegard konnte ihrem Mann die Jahre der Ablehnung nicht vergeben, sie war noch zu verletzt. Aber immer mehr erkannte sie auch ihre eigenen Fehler und sie suchte Heilung im seelischen Bereich. Sie musste neu lernen, ihren Mann anzuerkennen.

Peter für seinen Teil zeigte plötzlich viel Interesse an den Kindern, selbst die Haustiere machten im Freude. In Konfliktsituationen versuchten sie nicht mehr , sich gegenseitig alles mögliche vorzuhalten. Dann suchte auch Peter einen Seelsorger auf und durfte frei werden von seinem Stolz und seinen Vorstellungen aus der Kindheit. Endlich konnte sie einander alles verzeihen, alle schmerzlichen Verletzungen, und dafür eine tiefe Liebe und Achtung für einander gewinne.

Auszug aus dem Buch „Wir halten zusammen“, Schulte und Gerth-Verlag

Eberhard Mühlan

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