Guter Sex lebt nicht vom grossen KickIn unserer Sammlung liegt folgende Zeitungsnotiz über eine britische Studie: „Die wilden Jahre kommen später – Warum der Sex ab 40 immer besser wird“. Oder: „Erst mit über 40 erleben Frauen den besten Sex ihres Lebens – manchmal auch noch später“.
In wenigen Sätzen wird dann erklärt, weshalb und wie Paare nach der schwierigen Phase der Kindererziehung ihre sexuelle Beziehung wieder neu entdecken und in erfüllender Weise pflegen können. Was die Studie so klar nicht sagt, aber immerhin impliziert: Den besten Sex haben nicht junge, frisch verliebte Paare, sondern Paare im reiferen Lebensalter, welche ihr Beziehungsfundament gerade auch in den herausfordernden Jahren der Kleinkindzeit erhalten und pflegen konnten. Gute Sexualität hat man nicht, sondern man muss sie erarbeiten. Die sexuelle Beziehung ist somit eine Lebensaufgabe. Freiheitliche Kommunikation Freiheitliche Kommunikation bedeutet, dass Wünsche „hemmungslos“ ausgedrückt werden können und der Partner beziehungsweise die Partnerin in aller Freiheit darauf eingehen kann – oder eben auch nicht. Sexuelle Bedürfnisse werden so „verhandelbar“. Nicht ob sie berechtigt sind oder nicht, sondern im Sinne eines wohlwollenden Dialogs. Dieser könnte zum Beispiel so aussehen: Sie: Schatz, ich hätte noch Lust, mit dir zu schlafen. Vertrauen als Grundlage Oft fühlen sich Frauen über Jahre in diesem Sinne für das Glück des Mannes verantwortlich. Sie „machen es ihm zuliebe“ und verlieren mit der Zeit das Gespür für die eigenen sexuellen Wünsche und Bedürfnisse. O-Ton einer Frau: „Mein Mann sagt zwar oft, er wolle mich noch ein wenig pflegen. Aber eigentlich pflegt er ja nur sich selbst.“ Irgendwann wird diese Frau den Hahn zudrehen, und Sexualität wird zum Kampffeld statt zum Ort der Begegnung. Von der „Ego-Fuhr“ zum Miteinander Statt ein echtes Miteinander und Füreinander zu entwickeln, laufen viele Paare weiter auf der Schiene einer „orgasmusorientierten Sexualität“, welche in erster Linie den „guten Kick“ sucht. Manchmal muss der Zug auf dieser Schiene erst in die totale Sackgasse laufen, bis es zu einer Standortbestimmung und Neuorientierung kommt. Und oft ist diese Sackgasse leider dann auch gleich der Beziehungs-Friedhof. Wachsende Intimität Pleasuring So wie warme Sonnenstrahlen auf der Haut, oder wie die prickelnden Luftbläschen im Sprudelbad. Ein entspanntes Geben und Nehmen von Zärtlichkeit und Erregung. Wenn wir in der sexuellen Begegnung diese Wellness-Dimension entdecken, drehen wir uns plötzlich weniger um das Ziel des Orgasmus mit dem damit verbundenen Frustpotential. Wir können dann einfach miteinander positiv unterwegs sein, ganz im Sinne des bekannten Mottos: Der Weg ist das Ziel!
Geplanter Sex!? Die Zahl der „lustlosen Männer“ nimmt stetig zu, wobei allerdings manche ihr Bedürfnis auch über die Pseudointimität der Pornographie stillen. Bei Frauen ist oft die Zeit der Kleinkinder als schwierig, einerseits weil das emotionale Bedürfnis bereits durch die Mutter-Kind-Beziehung abgedeckt wird, andererseits weil die Mutter schlicht zu müde ist, um sich noch auf den oft anstrengenden Weg einer sexuellen Begegnung zu machen. Viele Ehemänner erleben diesen Mangel an Verlangen als persönliche Zurückweisung. Kommt sonst noch ein Beziehungsfrust dazu, wird wirkliche Intimität immer schwieriger und die sexuelle Begegnung entsprechend seltener. Der „Orgasmusgipfel“ ist für viele Frauen dann zunehmend schwieriger zu erklimmen, was aber nicht zuletzt auch dem mangelnden „Training“ zuzuschreiben ist. Denn je seltener eine Bergtour unternommen wird, desto mühsamer ist der Gipfel zu erreichen. Sofern jedoch die Beziehung insgesamt stimmt, wird die mangelnde Orgasmusfähigkeit von vielen Frauen gar nicht so dramatisch erlebt. Oft sind eher die hingebungsvollen Ehemänner in ihrem Ego gekränkt. Denn schliesslich müsste man(n) es doch schaffen... Diese Ehemänner stehen unter dem (Ein-)Druck, sie müssten als Experten wissen, was ihre Frau braucht und was ihr gut tut. Sie wären viel entspannter, wenn sie lernten, sich in der sexuellen Begegnung von der Frau und ihrem Expertenwissen führen zu lassen. Wachstum ist immer möglich Zu den Autoren Autoren: Wilf und Christa Gasser | ||
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