Verschiedene Theorien leib-seelischer Erkrankungen

 
Deutungen der Psychosomatik
Verschiedene medizinische und psychologische Schulen haben unterschiedliche Deutungsmuster entwickelt. Frühere Eingleisigkeiten hat man heute korrigiert.

Eine psychosomatische Erkrankung hat fast immer mehrere Ursachen.

Psychogenese
Die einseitige Betonung seelischer Ursachen wird heute nicht mehr aufrechterhalten und gilt als veraltet. Der Psychoanalytiker Franz Alexander behauptete beispielsweise noch, jeder psychosomatischen Krankheit liege ein spezielles Problem zugrunde. Bei Bronchialasthma sei es die Angst des Kindes, die Zuneigung seiner Mutter zu verlieren. Das asthmatische Giemen sei nichts anderes als eine Art Weinen, das die Zuwendung der Mutter erwirken solle. «Die Mütter asthmatischer Patienten zeigen eine ambivalente Haltung, die häufig gleichzeitig besitzergreifend und ablehnend ist.»

Finale Betrachtungsweise
Unter Systemikern und Individualpsychologen wurde die Frage gestellt, was das Symptom im Zusammenhang der Familie bedeuten könnte. Welcher Appell liegt im Asthma-Anfall? Was wiederholt er an frühkindlichen Interaktionen mit der Mutter? Welche bewussten oder unbewussten Botschaften (Symbole) und Kommunikationsweisen liegen einer Allergie in einem Ehekonflikt zugrunde?

«Was will eine Person mit ihrem Symptom erreichen?» Nach heutigem Verständnis ist die Frage in dieser Form nicht zu beantworten.

Psychoanalyse
In einem psychoanalytischen Lehrbuch finden sich folgende Gedanken zur Entstehung von Neurodermitis bei Kindern: «Mütter emotional unterentwickelt - Kinder unerwünscht - Mütter reagieren nicht auf Schreien und Tränen der Kinder - Mütter berühren ihre Kinder kaum - insgesamt: fehlende mütterliche Zuwendung. Spitz 1967: Ungeeignete Mutter-Kind-Beziehung («psychotoxisch»), «Feindseligkeit in Form von Ängstlichkeit, Mütter infantil bis debil, wenig Hautkontakt, unbewusste Feindseligkeit.»
Diese höchst einseitige Sichtweise wird heute kaum mehr geteilt.

Moderne Psychosomatik
Heute geht man davon aus, dass ganz unterschiedliche Faktoren zu einer psychosomatischen Erkrankung führen können: Körperliches und Seelisches, Anlage- und Umwelteinflüsse, belastende Lebensereignisse und persönliche Verarbeitung spielen ineinander. Unter Anspannung entwickeln sich daraus körperliche Symptome als Ausdruck der inneren Not. Welches Organ es dabei trifft, ist ganz individuell.

Puzzleteile der Psychosomatik
Im modernen Verständnis psychosomatischer Beschwerden spielen verschiedene Faktoren zusammen.

  1. Disposition: individuelle Symptommuster des Körper


  2. Persönlichkeit: übermässige Ängstlichkeit, Gewissenhaftigkeit


  3. Lebensgeschichte: frühe Belastung, zum Beispiel durch Jähzorn des Vaters


  4. Auslöser-Situationen: öffentliche Blamage, Streit, Enttäuschung oder anderes


  5. Bewältigungsmuster: übermässige Absicherung, Vermeidung etc.


  6. Biologische Aspekte: körperliche Krankheit, Immunsystem, Neurotransmitter

 

 Bearbeitung: Lebenshilfe-net.ch, Lothar Mack 

Autor: Dr. med. Samuel Pfeifer
Quelle: seminare-ps.net

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