Stress und Immunsystem

 
Stress und Immunsystem Grafik
Jede Anspannung regt auch die Nerven und das Immunsystem an. Man kann die Auswirkungen von Stress auch auf neurobiologischer und chemischer Ebene nachvollziehen.

Auf komplizierten Wegen regt das Gehirn die Nebenniere dazu an, Stresshormone auszuschütten: Der Hypothalamus, ein Teil des Zwischenhirns, das eng mit den Gefühlen des Menschen verbunden ist, bildet das Hormon CRH; die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) produziert daraufhin ACTH (Adeno-Corticotropes-Hormon), das schliesslich an die Nebenniere gelangt und dort jene Stresshormone bilden hilft.

Die Rede ist von Adrenalin und Noradrenalin gebildet. Innerhalb von Sekunden verändert es die Durchblutung, erhöht den Puls und alarmiert den Körper, damit er dieser Bedrohung begegnet. Gleichzeitig schüttet die Nebennieren-Rinde Cortisol aus, ein Hormon, das länger wirkt und das Immunsystem hemmt.

Auch Infektionen bedeuten Stress
Umgekehrt hat ein geschwächter Körper auch Auswirkungen auf die Psyche. Eine Grippe beispielsweise bedeutet nicht nur körperliche Krankheit, sondern auch Stress für das Gehirn. Die Abwehrzellen im Blut melden den Zustand dem Gehirn, wo ein Notfallprogramm ausgelöst wird: Der Hypothalamus gibt das Hormon Interleukin frei und richtet damit die Kräfte des Körpers ganz auf die Abwehr des Infekts aus.

Die Folge: Der Kranke fühlt sich matt, fiebrig, lustlos und verliert den Appetit. Er wird also zu möglichst wenig Stress gezwungen und kann sich ganz auf der Abwehr der Infektion widmen. Das erklärt auch, warum manche Menschen nach einer Grippe viel weniger seelische Abwehrkraft haben und in eine schwere Depression fallen können.

Stress kann Fieber auslösen
Bei manchen Menschen steigt unter psychischem Stress die Körpertemperatur und sie neigen zu grippalen Infekten, Angina, Allergien oder Ekzemen. Denn das Gehirn erlebt die psychischen Reize durch den Stress wie eine körperliche Krankheit und lässt Cortisol produzieren, das nun das Immunsystem schwächt.

Aus diesem Grund hat man früher bei Schizophrenie-Patienten Malariakuren angewendet: Der Schock des Fieberanfalls führte (wenigstens für einige Zeit) zum deutlichen Nachlassen der Psychose; das Gehirn war gewissermassen abgelenkt.

Organisch oder psychisch?
Die moderne Hirnforschung hat gezeigt, dass jeder Gedanke und jedes Gefühl ganze Netzwerke von Nervenzellen aktiviert. Unser Gehirn verfügt über ca. 10 Milliarden Nervenzellen. Jede Nervenzelle hat ihrerseits bis zu 100 Fortsätze, die mit ihren Synapsen Verbindung mit anderen Zellen aufnehmen.

Bei jedem Nervenimpuls schütten die Nervenendungen, die Synapsen, chemischen Botenstoffe aus, die den Impuls weiterleiten. Jeder Gedanke und jedes Gefühl ist damit auch ein chemischer Vorgang. Angstgefühle lösen Stresshormone aus, die Muskeln und Durchblutung beeinflussen. Ein tröstendes Wort dagegen dämpft diese Angstgefühle, und die Alarm-Botenstoffe gehen zurück.

Neurobiologie und Psychotherapie finden also auf zellulärer und molekularer Ebene zusammen. Psychotherapie und Seelsorge wirken nicht nur auf die Seele, sondern auch auf die biologischen Grundlagen der Psyche.

 

Bearbeitung: Lebenshilfe-net.ch, Lothar Mack


Weitere Informationen
Rüegg J.C.: Psychosomatik, Psychotherapie und Gehirn. Schattauer.
Damasio A.R.: Descartes' Irrtum. Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn. DTV.

Autor: Dr. med. Samuel Pfeifer
Quelle: seminare-ps.net

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