Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein
Der Hintergrund Nach seinem Tode erlangte Chaitanya im Bewusstsein seiner Anhänger schnell den Status eines Gottes; er wird von ihnen als zehnter Avatar des Vishnu beziehungsweise als Reinkarnation des Krishna betrachtet (diese Deutung wird von dem meisten Anhängern des Hinduismus nicht geteilt). Im 19. Jahrhundert ergab sich ein weiterer „Zusammenprall" des Hinduismus mit den auf die Lehren des Hinduismus herabschauenden christlich-protestantischen britischen Invasoren. Als Reaktion auf das missionarisch auftretende und Exklusivität beanspruchende Christentum wurde versucht, die Bhagavad Gita als „Bibel des Hinduismus" zu etablieren und eine Krishna-Religion zu schaffen, die auf Chaitanya als „Messias" aufbaut und nach aussen missionarisch auftritt. In seinem Aufsatz „Das Bhagavata: Seine Philosophie, seine Ethik und seine Theologie" bezeichnet Bhaktivinoda Thakura den Mystiker Chaitanya in Analogie zu Jesus Christus als „Heiland des Ostens". Bhaktisiddhanta Saraswati, der Sohn des Bhaktivinoda Thakura, gründete den Orden Gaudiya Math (Orden der Gaudiya Vaishnavas), dessen Ziel es war, die Religion von Krishna „auf der ganzen Welt" zu verbreiten. Da die meisten Hindus jedoch Indien als „heiliges Land" ansehen und es deswegen in früheren Zeiten seltener verliessen, blieb die Krishna/Chaitanya-Religion vorläufig auf Indien beschränkt. Einer, der den Auftrag Thakuras ernst nahm, war Abhay Charan Bhaktivedanta Prabhupada (1896-1977). Dem Wunsch seines Meisters folgend, begab er sich in den 1960er Jahren in die Vereinigten Staaten. Zunächst nach Boston, dann nach New York, schliesslich nach Kalifornien, dem „Mekka" der Aussteiger, Esoteriker und Hippies, wo seine Botschaft auf offene Ohren stiess. Die amerikanische Gesellschaft befand sich im Umbruch (Vietnamkrieg, Frauenrechte, Gleichberechtigung der schwarzen Mitbürger); das allgemeine Interesse an fernöstlichen Religionen war hoch. Kurzzeitig hatten die Lehren der ISKCON grossen Einfluss auf die Popkultur (George Harrison, My sweet lord, Musical Hair); von Amerika aus verbreitete sich die ISKCON als Grossstadt-Religion über die ganze Welt. Die Lehren der ISKCON
Hauptform des Gottesdienstes ist das gemeinsame Singen von Sanskrit-Mantras, hauptsächlich Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare/Hare Rama, Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare. Dieses Singen wird Chanten oder Sankirtan genannt. Praxis Der Sankirtan dauert im Schnitt 1 ½ bis 2 Stunden; dabei wird häufig ein Altar mit Lichtern, Blumen(kränzen), Räucherstäbchen und so weiter geschmückt. Auf dem Altar stehen Bilder hinduistischer Gottheiten und Heiliger; insbesondere von Krishna und seiner Freundin Radha, von Chaitanya und seinen Jüngern sowie von Prabhupada und der Linie der Gurus, aus der Prabhupada stammt. Die Bilder gelten als „transzendental"; das heisst sie werden als „lebendig" angesehen. Während des Rituals wird den Bildnissen vorbereitetes vegetarisches Essen dargebracht. Nach Beendigung des Sankirtan wird aus einem Werk Prabhupadas vorgelesen, etwa aus seinen Kommentierungen der Bhagavad Gita und des Bhagavata. Die Textstelle wird vom Vorleser interpretiert; es besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Nach der „Predigt" folgt mitunter noch ein kleiner Gesang; anschliessend die Verteilung der Opferspeisen an die Teilnehmer. Die von den Gottheiten „angerührten" Speisen gelten als heilig; man bezeichnet die Speisen dann als „Prasadam" (göttliche Gnade). Der Verzehr der geheiligten Speisen führt zu einer „Vereinigung" mit Krishna und soll auch „Ungläubige" von allen Sünden befreien. Religiöse Regeln Verboten sind bestimmte Speisen und Substanzen (neben Fleisch, Eiern, Alkohol, Drogen auch Knoblauch, Zwiebeln, scharfe Gewürze, Kakao, Kaffee, „echter" Tee - nicht Kräutertee). Verboten ist auch alles, was Ei(bestandteile) enthält, zum Beispiel bestimmte Nudeln, die meisten Kuchen und Gebäcke. Bei Käse ist zu differenzieren, ob dieser Lab enthält (dann verboten). Pilze sind zwar nicht „verboten", gelten aber als „nicht opferfähig", weil sie auf „Verrottetem" wachsen. Unerwünscht ist jegliche Beschäftigung, die nicht auf Krishna abzielt (etwa Kino, Fernsehen, nicht krishnabewusste Bücher und Zeitschriften, Ausgehen, sonstige Vergnügungen). Im allg. sollte ein „krishnabewusster" Mensch alles für „Krishna", das heisst die ISKCON aufgeben. Dies wird von den Anhängern mit unterschiedlicher Konsequenz befolgt. Bis in die 1980er Jahre vertrat die ISKCON auch eine sehr restriktive Einstellung gegenüber Frauen, Kindern und Familie. Durch das Aufbegehren ehemaliger Gurukulaschüler haben diesbezüglich seit den 1990er Jahren in der Gemeinschaft Reformbestrebungen begonnen. Beachtet werden spezifische Fastentage und Feiertage des Hinduismus vishnuitischer Prägung. Gefastet wird insbesondere am elften Tage nach Vollmond und am elften Tage nach Neumond (Ekadashi-Tage). Gefeiert werden insbesondere der Geburtstag Chaitanyas (Gaura Purnima) im März, der Geburtstag Krishnas (Janmashtami) Ende August /Anfang September und der Geburtstag Prabhupadas (1. September 1896). Besonderheiten der ISKCON
Dieser Leitidee entsprechend werden die heiligen Schriften der Hindus interpretiert. Beispielsweise übersetzt Prabhupada in der Bhagavad Gita das Sanskrit-Wort bhakti, welches „Hingabe" bedeutet, als „hingebungsvoller Dienst". (Anmerkung: Dienst heisst auf Sanskrit „seva", nicht „bhakti"). Eine wichtige Form des „Gottesdienstes" ist die Verteilung von Büchern und sowie das Eintreiben von Spenden. Der Vertrieb von Büchern ist ein wichtiges wirtschaftliches Standbein der ISKCON, die mit ihrem System von Tempeln und „im hingebungsvollen Dienst tätigen" Anhängern, wie viele andere umstrittene Religionsgemeinschaften, über eine kommerzielle Vertriebsstruktur nach dem Vorbild internationaler Wirtschaftsunternehmen verfügt. Allgemein ist festzuhalten, dass ISKCON aufgrund der Veränderungen im Zeitgeist heutzutage weniger Anhänger anzieht als in den 1960er und 1970er Jahren. Auch fallen diese in der Öffentlichkeit nicht mehr so stark durch missionarische Aktivitäten und äusserliche Merkmale (indische Kleider) auf. ISKCON in Indien Bewertung der Hare-Krishna-Sekte Die lang und monoton wiederholten sogenannten Mantras können außerdem das Bewusstsein verändern. Ähnlich wie vor einer Hypnose wird durch monotone Wiederholung der wache Teil des Bewusstseins eingeschläfert und ein psychedelischer Zustand herbeigeführt. Bewusstseinsveränderung durch mantrahafte Gebete (Rosenkranz, Taize-Gesänge, „99 Namen Allahs" etc.) ist eine in den meisten Religionen verbreitete und erwünschte Meditationsform. Mantraartige Meditation kann aber auch missbraucht werden, um Informationen direkt ins Unterbewusstsein fließen zu lassen. Auf diese Weise kann sogar eine Bewusstseinskontrolle erfolgen.
Krishna-Bewegung ISKCON - Das Bistum Trier informiert. Wandel in der ISKCON? - Ein Aussteiger berichtet.
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