Die Zeugen Jehovas

 
Zeugen Jehovas
Der unverkennbare Stil der Verteilschriften-Zeichnungen der Zeugen Jehovas.
Die Zeugen Jehovas sind eine weltweit aktive endzeitlich ausgerichtete Glaubensgemeinschaft. Sie sind für ihre ausgeprägte Laien-Missionstätigkeit, den häufigen Gebrauch von Bibel-Zitaten sowie ihre Veröffentlichungen „Der Wachtturm" und „Erwachet!" bekannt.


Entstehung und Entwicklung
Die Zeugen Jehovas wurden im 19. Jahrhundert von Charles Taze Russell in den Vereinigten Staaten begründet.

Organisation
Den Namen „Jehovas Zeugen" benutzt die zuvor als „Bibelforscher", „Ernste Bibelforscher" oder „Internationale Bibelforschervereinigung" bekannte Religionsgemeinschaft seit 1931. Zu Beginn der 30er Jahre wurde der Name „Zeugen Jehovas" angenommen, dies mit Bezug auf das Wort des Propheten Jesaja: „Ihr seid meine Zeugen, spricht Jehova." Im Jahr 2004 gab es ca. 6,5 Millionen aktive Zeugen Jehovas weltweit, davon 18'500 in der Schweiz, wo sie in Thun ihre Schweizer Zentrale haben.

Lehre
Gott, Jesus Christus: Die Besonderheit der Zeugen Jehovas ist ihre Fixierung auf den Gottesnamen „Jehova". Allein mit diesem Namen richtet man sich nach Auffassung der Zeugen Jehovas an den wahren Gott. Die Dreieinigkeit wird abgelehnt. Jesus sei der Sohn Gottes und die einzige direkte Schöpfung. Er kam auf die Erde und wurde dort als vollkommener Mensch geboren, indem sein Leben durch Gottes Geist in seine irdische Mutter Maria verpflanzt worden sei. Hauptzweck seines Kommens auf die Erde sei es gewesen, sein vollkommenes menschliches Leben zur Erlösung von Sünde und Tod zu opfern; er ersetzte den Verlust des vollkommenen Menschen Adam als ausgleichenden Wert. Dieses Opfers gedenken Zeugen Jehovas jährlich einmal durch das „Abendmahl des Herrn".


Wiederkunft Christi: Nach der Lehre der Zeugen Jehovas hat Jesus 1914 die Herrschaft über das „Königreich Gottes" im Himmel übernommen. Er verbannte als erste Amtshandlung Satan und seine Dämonen aus dem Himmel in die Nähe der Erde (Offenbarung 12,7-9). Mit diesem Jahr begannen in den Augen der Zeugen Jehovas die von Jesus vorhergesagten „letzten Tage". Mehrmals haben Zeugen Jehovas versucht, den Termin der Wiederkunft Jesu zu errechnen. Das bekannteste Jahr war 1975. Seitdem machen sie keine konkreten Zeitangaben mehr.

1000-jähriges Reich: Nach der Schlacht bei Harmagedon beginne das Tausendjährige Reich, in dem Christus und 144.000 Auserwählte vom Himmel aus regieren würden (Offenbarung 7,2-8). Die übrigen Menschen hätten dann die Möglichkeit, für immer in Frieden auf der Erde zu leben. Die Verstorbenen würden dazu auferstehen, da sie mit dem Tod für ihre Sünden bezahlt hätten (Römer 6,7). Damit wäre das verloren gegangene Paradies wieder hergestellt.

Rettung: Um diese Zukunft erleben zu können, müsse jeder Mensch eine bewusste persönliche Entscheidung treffen (Römer 9,9-10), Jehova anrufen und an Jesus Christus und dessen Opfer glauben, sowie sich den Zeugen Jehovas anschliessen. Das beinhaltet eine Lebensführung nach biblischen Grundsätzen, wie es die Jehovas Zeugen verstehen. Aus dieser Überzeugung heraus führen Zeugen Jehovas ein ausgedehntes Predigt- und Lehrwerk durch und versuchen, die Menschen überall zu erreichen

Himmel und Paradies: Aus dem Gleichnis Jesu in Johannes 10,16 und anderen Bibelstellen erkennen Zeugen Jehovas zwei wesentliche Gruppen von Dienern Gottes: die kleine Herde mit einer himmlischen Auferstehung und die anderen Schafe als künftig auf der Erde lebend. Somit beziehen sich gemäss dieser Unterscheidung die meisten Aussagen des NT auf die kleine Herde. Demnach zählen nur Mitglieder der kleinen Herde zu den Kindern Gottes und Brüdern Christi. Daher nehmen auch nur Personen der kleinen Herde beim Abendmahl von den Symbolen. Da der heilige Geist im wesentlichen mit der kleinen Herde wirkt, werden diese auch „Geistgesalbte" genannt.

Hölle: Die übrigen Menschen die sich für Jesus entschieden haben und Jehova anrufen, leben auf der paradiesischen Erde weiter. Eine Hölle gibt es nicht. Die Ungeretteten erleben den endgültigen Tod als Nichtexistenz. Es gibt daher nach Überzeugung der Zeugen Jehovas auch keine unsterbliche Seele.

Blut: Seit Jahrzehnten vertreten Zeugen Jehovas die Ablehnung von jeder Art des sog. „Blutgebrauchs", weil die Bibel die Verwendung nur für heilige Handlungen erlaube, daher käme ein Essen oder anderweitiger Gebrauch des Blutes nicht in Frage. Insbesondere durch das von Jesus vergossene Blut hätte es eine besondere Bedeutung für Christen. Zeugen Jehovas lehnen deshalb die Blutspende sowie Bluttransfusionen ab, auch wenn dies den Tod bedeuten kann.

Kreuz: Zeugen Jehovas glauben, dass Jesus an einem Pfahl, nicht am Kreuz, starb. Sie berufen sich dabei in erster Linie auf die Grundbedeutung der im Bibeltext verwendeten Wörter. Sie lehnen deshalb auch das Kreuzsymbol ab.

Bibel: Die Zeugen Jehovas verwenden in den Landessprachen, in der sie vorhanden ist, eine eigene Bibelübersetzung, die Neue-Welt-Übersetzung.

Gottesdienst: Die Zusammenkünfte haben keinen rituellen gottesdienstlichen Charakter im kirchlichen Sinn. Vielmehr werden Vorträge auf der Grundlage der Bibel und Literatur der „Wachtturm-Gesellschaft" gehalten, Situationen bei der Bekehrung anderer demonstriert, Interviews geführt und der Lehrstoff gemeinsam besprochen.

Taufe: Die Zeugen Jehovas praktizieren die Erwachsenentaufe. Sie ist nach einem gründlichen Studium der Lehre möglich und beinhaltet das Bekenntnis, ein Zeuge Jehovas sein zu wollen. Bekannt sind die Massentaufen der Zeugen Jehovas.

Das Abendmahl: Der einzige religiöse Feiertag der Zeugen Jehovas ist das Abendmahl des Herrn, das auch Gedächtnismahl oder Feier zum Gedenken an den Tod Christi genannt wird. Dieses Fest wird einmal jährlich am 14. Nisan, dem Tag des alt-jüdischen Passahs, nach Sonnenuntergang gefeiert. Während der Feier wird eine Ansprache gehalten. Anschliessend werden die Symbole ungesäuertes Brot und Rotwein herum gereicht. Nur eine Minderheit mit himmlischer Hoffnung (144.000) nimmt von den Symbolen, dem ungesäuerten Brot und Wein. Die anderen geben die Symbole weiter, ohne davon zu nehmen.


 
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Praxis
Jeder Zeuge Jehovas, der dazu gesundheitlich in der Lage ist, beteiligt sich am „Predigtwerk". Gemäss eigenen Statistiken wenden die Zeugen Jehovas dafür je nach Land durchschnittlich 100 bis 500 Stunden jährlich auf. Sie sprechen Menschen an Haustüren oder auf öffentlichen Plätzen mit Themen aus der Bibel an und hinterlassen bei Interesse kostenfrei Zeitschriften, Broschüren, Traktate oder bei besonderem Interesse Bücher und Bibeln. Dabei sind auch Geldspenden erwünscht.

Über diese Hausbesuche und Gespräche fertigt sich gewöhnlich der Zeuge private Notizen an, die er für Nachfolgebesuche verwenden kann. Angeboten wird ein Heimbibelkurs (meist Heimbibelstudium genannt). Das Material dafür ist in erster Linie ein Buch oder eine Broschüre mit thematisch geordneten Bibelzitaten und -kommentaren, die jeder Teilnehmer erhält und anhand konkreter Fragen durcharbeiten soll, die dann mit dem Verkündiger besprochen werden. Freiwillige können vereinbaren, mehr Zeit im Predigtwerk einzusetzen, entweder zeitlich begrenzt („Hilfspionier") oder zeitlich unbestimmt („Allgemeiner Pionier"). Allgemeine Pioniere werden nach einem Jahr zu einer zehntägigen „Pionierdienstschule" eingeladen, in der sie Predigtwerk, biblische Lehre und Organisation vertieft kennen lernen.

Feste: Die Zeugen Jehovas lehnen die allgemein anerkannten Feste wie Weihnachten und Ostern ab, weil sie nicht biblisch seien. Auch Geburtstagsfeiern werden abgelehnt. „Der Brauch, Geburtstag zu feiern, entstammt der falschen Religion des Altertums", heisst es auf einer Website der Zeugen Jehovas. Um Nachteile für die Entwicklung ihrer Kinder zu vermeiden, suchen viele Zeugen Jehovas nach gesellschaftlichem Ausgleich zu anderen Zeiten und Gelegenheiten. Dazu gehören Hochzeiten, Sommerfeste, Kinder-Partys, Sporttreffs wie Fussballspiele, Kaffeekränzchen, gemeinsame Kinobesuche usw.

Gemeindezucht: Bei einem schwerwiegenden Fehlverhalten, wozu zum Beispiel das Ausleben der Sexualität ausserhalb der Ehe, Homosexualität, Häresie, Kriminalität oder Drogenmissbrauch gerechnet wird, prüfen Älteste bei Bekanntwerden, ob die Voraussetzungen für ein „Rechtskomitee" erfüllt sind, das aus Ältesten der Versammlung besteht. Korrigiert der Missetäter sein Verhalten, wird er „still zurechtgewiesen", bei allgemeinem Bekanntwerden vor der Versammlung ohne Angabe der Gründe durch eine kurze Mitteilung. Zeigt er keine Reue, wird er aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Er soll fortan von den treuen Zeugen Jehovas gemieden werden. Ausgeschlossene haben die Möglichkeit, durch schriftlichen Antrag wieder in die Gemeinschaft zurück zu kehren, wenn sie Reue zeigen.

Verhältnis zum Staat: Zeugen Jehovas betrachten die staatlichen Organe zwar als von Gott geduldet und mit Autorität ausgestattet (vgl. Römer 13, 1-7). Gott hat für sie die höchste Autorität, und das führt zu Konflikten mit dem Staat. So verweigern die meisten Zeugen Jehovas den Militärdienst. Darüber hinaus lehnen sie alle Handlungen ab, die einer 'Verehrung' des Staates oder seiner Repräsentanten gleich kommen, zum Beispiel den Fahnengruss oder das Singens der Nationalhymne. Die Zeugen Jehovas beteiligen sich auch nicht an politischen Wahlen. Sie erklären dazu, dass ihr politisch passives Verhalten ihrem Verständnis der Worte Jesu entspricht, „kein Teil der Welt" (Johannes 17, 16) zu sein.

Soziales Verhalten: Die Zentren des Kennenlernens zwischen Zeugen Jehovas sind vorwiegend ihre Zusammenkunftsorte, die Königreichssäle und Kongressstätten. In der Lehrverkündung werden Nicht-Zeugen-Jehovas verschiedentlich als „Weltmenschen" bezeichnet und angeraten, im Kontakt mit ihnen für sich selbst auf biblische Massstäbe zu achten und notfalls Grenzen zu ziehen.

Ehe und Familie: Grundsätzlich gilt das Gebot, nur innerhalb der Zeugen Jehovas zu heiraten. Bei Nichtbeachtung kann die Person gewöhnlich nicht mehr in Vorbild-Funktionen dienen. Scheidung mit der Erlaubnis zur Wiederheirat ist nur aus dem Grund der sexuellen Untreue erlaubt.

Bewertung
Schon der Name „Zeugen Jehovas" beruht auf einem Missverständnis. Der Mose am Dornbusch geoffenbarte Gottesname enthält im Hebräischen die vier Konsonanten „JHWH". Die Vokale in der hebräischen Bibel wurden erst später als Hilfe für diejenigen eingeführt, welche mit der Sprache weniger vertraut sind, also insbesondere für die Christen. Weil der gläubige Jude den Gottesnamen aber nicht ausspricht, sondern stattdessen „der Herr" (hebr. Adonai) liest, wurden zum Gottesnamen JHWH die Vokale für „Adonai" hinzugefügt. Daraus wird dann „Jehovah". Unter den alttestamentlichen Wissenschaftern gilt aber die Überzeugung, dass JHWH mit „Jahwe" ausgesprochen werden muss. Doch gerade auf diese fehlgedeutete Aussprache des Gottesnamens setzen die Zeugen Jehovas ihre Identität. Nur mit „Jehova" soll angeblich Gott richtig angesprochen werden. Eine tragische Verirrung.

Der Zürcher Sektenkenner Pfr. Dr. Oswald Eggenberger schreibt in seinem Handbuch von 1994: „Jehovas Zeugen verfälschen das biblische Evangelium mit ihrem eigenen Evangelium von der Thronbesteigung Jesu Christi im Jahre 1914. Des Herrn Ruf zur Umkehr, die tiefe Barmherzigkeit Gottes allen Menschen gegenüber, die Vergebung im Kreuz Christi und die Osterbotschaft von der Überwindung des Todes mussten der Behauptung weichen, die 1914 begonnene Herrschaft Christi sei mit und in der Vereinigung von Jehovas Zeugen zu erkennen und zu verkündigen. Die durch die Zeugen Jehovas geübte Bibelauslegungs-Methode wird dem Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift nicht gerecht."

Den Zeugen Jehovas, die sich in ihrer Entstehungsgeschichte zuerst „Ernste Bibelforscher" nannten, kann zugestanden werden, dass sie es mit der Bibel ernst meinen. Sie lesen die Bibel aber durch einen Raster, der ihnen von der Leitung vorgegeben wird, und der zahlreiche biblische Grundwahrheiten verfälscht. Die Lehre vom irdischen Paradies für die Gläubigen, die kleine Schar der Erwählten im Himmel, welche über sie herrscht, die Ablehnung des ewigen Gerichts, die Ablehnung der göttlichen Dreieinigkeit, vor allem aber die Lehre von der himmlischen Thronbesteigung Christi 1914 trennen die Zeugen Jehovas von der Christenheit. Die Mitglieder werden davon überzeugt, nur in dieser „Theokratischen Organisation" wirklich Rettung zu finden. Sie werden unter den Leistungsdruck des Verkündigungswesens gestellt. Aussteiger berichten von einem „geistlichen Totalitarismus" innerhalb der Organisation. Die Intoleranz, mit der mit den „Abtrünnigen" umgegangen wird, muss zu denken geben. Gerade dies macht auch einen Ausstieg aus der Sekte schwierig, da „Abtrünnige" leicht zu einsamen Menschen werden.

Die Tragik des einzelnen Zeugen Jehovas liegt darin, dass er überzeugt ist, die Bibel allein richtig auszulegen. Er ist dafür auch gut geschult und merkt nicht, dass man ihm ein dogmatisches Gewand überzogen hat, das erst dann Risse bekommt, wenn er sich kritischen Fragen von Christen wirklich stellt. Oft genügt allein der Hinweis auf den direkten Zusammenhang, um die falsche Anwendung von Bibelstellen gegenüber den Zeugen deutlich zu machen. Die Zeugen Jehovas sind Opfer einer biblizistischen Auslegungsmethode, welche den Gesamtzusammenhang ausser Acht lässt. Die eigene Bibelübersetzung spiegelt in Ausdrücken und Erklärungen die eigene Lehre. Die Konzentration auf die grosse bevorstehende Schlacht von Harmagedon mit der weltweiten Katastrophe verfälscht den Blick auf reale Nöte und Bedürfnisse in der Welt, wie es oft auch bei andern einseitig endzeitlich ausgerichteten Gemeinschaften zu beobachten ist.

Worauf aber bauen die Zeugen Jehovas ihre Heilsgewissheit? Gerade wenn sie auf ihr ganz persönliches Gottes- und Christusverhältnis angesprochen werden, geraten sie oft in Unsicherheit. Bauen sie ihre Heilssicherheit nicht letztlich auf die Zusicherung, in der einzig wahren göttlichen Organisation zu sein und sich hier nach Kräften einzusetzen? Fühlen sie sich solange sicher, als keine Fragen zugelassen werden? So lange aber bleiben sie in einem theologischen Korsett gefangen.

Weiterführende Links:

Die Zeugen Jehovas bei Wikipedia
Die Evangelische Informationsstelle zu den Zeugen Jehovas

Offizielle Webseiten der Zeugen Jehovas:
Watchtower
Jehovas Zeugen



Quellen: Wikipedia, Lebenshilfe-net.ch
Bearbeitung: Fritz Imhof

 



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