lebenshilfe-net.ch - 29.03.2024, 11:59
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„Ich muss immer geben“

„In unserer Ehe bin ich immer diejenige, die gibt. Von Anfang an schob mir mein Mann alle Aufgaben im Haushalt zu. Dann kamen unsere beiden Kinder. Und wieder blieb alles an mir hängen."

„Auch sämtliche Familienkontakte sind von mir zu organisieren. Ich muss froh sein, wenn mein Mann überhaupt zu einem Familienbesuch mitkommt. Natürlich ist er beruflich stark beansprucht. Doch seit mehreren Jahren bin ich auch für unsere ganz privaten Termine zuständig. So muss ich die Initiative ergreifen, wenn ich mit ihm ausgehen oder einfach mal kuscheln will. Was könnte ich anders machen?"

1. Balance zwischen Geben und Nehmen
Für jede Beziehung ist es wichtig, dass die Beteiligten subjektiv in etwa gleich viel geben wie sie empfangen. In dem Augenblick, wo ein Partner - wie in Ihrem Fall - das Gefühl hat, überwiegend zu geben, bekommt das Verhältnis eine Schieflage. Plötzlich wird aufgerechnet, was jeder in die Beziehung einbringt. „Ich arbeite täglich 13 Stunden für die Familie", sagt der Mann. „Da darf ich doch erwarten, dass ..." Oder: „Ich putze, bügle, erziehe, koche, usw. jeden Tag 16 Stunden und bekomme nicht mal einen Lohn dafür!" Gegenseitiges Aufrechnen ist aber kein Zeichen für eine wirklich intakte Beziehung.

2. Bedürfnisse wahrnehmen und formulieren
Es kann durchaus sein, dass Ihr Mann Ihre Lage noch gar nicht recht wahrnimmt. Haben Sie ihm schon einmal ganz überraschend in dieser Sache einen Brief geschrieben, vielleicht sogar ins Büro? Wäre es möglich, einen gemeinsamen Abend zu zweit zu organisieren, und er trägt den in seinen Terminkalender ein?

Zugegeben: Auch hier sind Sie zunächst wieder die Aktive. Doch Sie müssen sich ja erst einmal bei ihm Gehör verschaffen. Sollten auch diese Massnahmen nicht fruchten, wäre es gut, wenn Sie einen Moderator von aussen einbeziehen. Spätestens dann wird Ihr Mann Stellung beziehen. Werben Sie um Ihr Anliegen, lassen Sie bei ihm nicht locker. Ihre Beziehung ist zu wichtig, als dass Sie bei der Enttäuschung stehen bleiben.

3. Lassen Sie Ihren Mann frei
Wie lange machen Sie das schon? Sicher haben Sie es am Anfang sehr geschätzt, ihm auf diese Weise Ihre Liebe zu zeigen. Aber es könnte sein, daß diese Liebe irgendwann in eine Fürsorglichkeit umgeschlagen ist, der er sich nun kaum mehr „erwehren" kann. Wie kommt man da wieder heraus? - Fragen Sie Ihren Mann, was er selber gern unternehmen würde, wonach ihm der Sinn steht, und deuten Sie ihm an, womit er Ihnen eine Freude machen könnte. Auch seine Liebe braucht einen Freiraum. Vielleicht hat sie den schon lange nicht mehr.

4. Realistische Absprachen treffen
Die vielen Aufgaben, die es beruflich und in einer Ehe und Familie zu erledigen gibt, müssen immer wieder neu beschrieben und miteinander ausgehandelt werden. Kleine Kinder zu erziehen ist eine andere Sache als Teenies anzuleiten, die Kräfte der Partner stehen nicht unbeschränkt zur Verfügung, und die berufliche Entwicklung seitens des Mannes wird nicht immer planmässig verlaufen. Reden Sie darüber und treffen Sie realistische Absprachen. Nur so kann sich das Gefühl einstellen, dass jeder für die Ehe und Familie sein Bestes gibt.

Autor: Wilfried Veeser
Quelle: Neues Leben. Ratgeber-Magazin

 
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