„Ich möchte bald wieder heiraten“

Der Briefschreiber fährt fort: „Auch meine Frau meinte, ich solle bloss bald wieder heiraten. Meine erwachsenen Kindern machten mir neulich deswegen aber grosse Vorwürfe. Sie sagten, und ich solle im Andenken an ihre Mutter noch ein länger warten. Muss ich mich nun schämen oder darf ich ruhig eine neue Partnerschaft anstreben?"

Unterschiedliches Zeitempfinden
Ihre erwachsenen Kinder haben wahrscheinlich einen sehr dynamischen und ausgefüllten Lebensalltag und sind so eventuell „nebenher" mit der Trauer um ihre Mutter, Ihre verstorbene Frau, beschäftigt. So ist für sie ein halbes Jahr ruckzuck vergangen. Für Sie aber hat diese Zeit in einer leeren Wohnung und den einsamen Abenden ein völlig verändertes Leben bedeutet. Das können Ihre Kinder kaum nachempfinden.

Wir sehen es als sehr gut an, dass Sie schon als Ehepaar die Frage der Zeit danach miteinander bewegt haben und dass Sie auch wieder die Zweisamkeit anstreben dürfen. Wann und ob Sie allerdings tatsächlich bereit sind für eine neue Beziehung, ist schwer zu sagen. Machen Sie es sich selbst ganz bewusst, dass es nicht um einen Ersatz für Ihre verstorbene Frau geht. Eine eventuell neue Lebenspartnerin hat ein Recht darauf, dass Ihre Trauerarbeit zu einem guten Schluss gekommen ist.

Alles wird wieder anders sein
Vergewissern Sie sich, dass Sie wirklich die Kraft aufbringen können, sich auf einen völlig neuen anderen Menschen einzulassen. Ihr bestehender Rahmen könnte eine kolossale Veränderung erfahren, und zwei „ältere" Leben mit häufig viel Anhang (Kinder, Enkel, Freundeskreis) müssen sich aufeinander einstimmen.

Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich ausreichend Zeit und Muse für eine verbindliche Entscheidung lassen. Doch dass Sie Ihre Zukunftswünsche klären, die Augen offen halten und zarte Schritte gehen, dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Wir wünschen Ihnen viel Gelingen auf Ihrem weiteren Lebensweg!