lebenshilfe-net.ch - 28.03.2024, 11:12
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Die alltägliche Medienverwahrlosung
An der Tagung von «Pro Familia Schweiz» vom 23. August 2007 in Solothurn bekamen die Teilnehmer auch Einblicke in neue Forschungsergebnisse. Manfred Spitzer zum Beispiel, ein deutscher Hirnforscher, hat herausgefunden, daß die Hälfte der 15-Jährigen mehr Zeit vor dem Fernseher als in der Schule verbringt: 1000 Schulstunden stehen 1200 Stunden vor dem Fernseher gegenüber. Neben andern Folgen setzen sie damit auch ihre Gesundheit aufs Spiel. Pädagogikprofessor Heinz Moser erläuterte weitere Probleme: Über die Hälfte der Sekundarschüler habe in einer kürzlich durchgeführten Befragung angegeben, Kollegen hätten gegen ihren Willen Pornovideos auf ihr Handy übertragen erhalten. Eine weitere Studie in Deutschland hat zutage gebracht, dass 56 Prozent der 12-17-Jährigen die 135 schulfreien Tage im Jahr häufig dafür nutzen, um bis weit in die Nacht hinein jugendgefährdende Filme zu konsumieren. Der Kriminologe Christian Pfeiffer spricht von einer „Medienverwahrlosung". Solche Beobachtungen zeigten aber laut Moser nur die Spitze eines Eisbergs.
Eltern, welche die Probleme erkennen, können namentlich vom Staat keine wirksame Hilfe erwarten. Selbst die Forschung über die Problematik werde in der Schweiz vernachlässigt, so Moser. Eltern müssten sich selbst kundig über den Medienkonsum ihrer Kinder machen, ihr Vertrauen gewinnen und mit ihnen das Gespräch suchen, so die Empfehlung der Experten. Gar nicht so einfach, denn die Jugendlichen sind ihren Eltern immer wieder voraus. Durch Probieren und durch die Tipps ihrer Freunde sind sie auf dem neuesten Stand, im Gegensatz zu ihren Eltern. An die Eltern ergeht daher die Aufforderung, sich kundig zu machen, ihre Kinder zu begleiten und sich für deren Webseiten und Spiele zu interessieren. Dann seien sie auch in der Lage, Grenzen zu setzen. Eine Hilfe dazu bieten die Beschreibungen und Bewertungen neuer Filme, Computer- und Videospiele, wie der Microsoft-Manager Peter Züger erklärte. Die Spielkonsole XBox 360 zum Beispiel könne so programmiert werden, dass Kinder nur altersgemäße Spiele nutzen können, und das neue Betriebssystem Vista enthalte einen verbesserten Kinderschutz.
Der Basler Privatdozent für Pädagogik, Wassilis Kassis, meinte, nicht alle Jugendlichen seien durch das Internet gleichermassen gefährdet. Wo das Gespräch im Elternhaus funktioniere und auch das übrige soziale Umfeld gut sei, ertrügen Jugendliche auch einen ausgiebigen Internet- oder Videospiele-Konsum vergleichsweise schadlos - im Gegensatz zu weitgehend unbetreuten Jugendlichen. „In einer Familie, wo viel miteinander geredet wird, verträgt es 10 bis 15 Stunden Internetnutzung pro Woche", so Kassis. „Viele Eltern wollen jedoch gar nicht wissen, was ihre Kinder konsumieren", stellte der Pädagoge nachdenklich fest. Noch weniger interessierten sie sich für deren Medienmix, also was das Kind oder der Jugendliche sonst noch liest, sieht und konsumiert. Hilfreiche Internet-Seiten «Kinderschutz.ch» ist die Webseite von Kinderschutz Schweiz und der Fachstelle ECPAT zur Bekämpfung der Internet-Kriminalität, die sich für den Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung einsetzt. Karolina Frischkopf, Leiterin der ECPAT-Fachstelle, warnte insbesondere davor, einen Computer mit Internet-Anschluss ins Kinderzimmer zu stellen und damit weitgehend auf die Kontrolle zu verzichten.
Noch wenig Schutz gibt es für Handy-Nutzer, die sich zum Beispiel gegen die ungewollte Übertragung von Pornofilmen via Bluetooth auf ihr Handy wehren möchten. Weiter sind die Bemühungen des Verbandes der Game-Anbieter. Sie haben das „PEGI"-Logo geschaffen. Video- und Computerspiele mit diesem Logo sind mit einem Altersindex versehen. Neue Geräte können so programmiert werden, dass das Kind nur Spiele ausführen kann, die seinem Alter entsprechen. Vieles ist bereits „selbstverständlich" Trotzdem sollten Eltern - und ebenso das Gesetz - Grenzen setzen. „Denn Jugendliche probieren immer wieder Dinge aus, die nicht für sie gedacht sind", so Vollenweider. Besonders, wenn sie verboten seien.
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Bearbeitung: Lebenshilfe-net.ch, Lothar Mack | ||||||||||||||||||||||||||||||||
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