lebenshilfe-net.ch - 20.04.2024, 01:20
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Die Mormonen
Formell gegründet wurde die Mormonen-Religionsgemeinschaft von Joseph Smith jun. am 6. April 1830 in Fayette im US-Bundesstaat New York. Heute hat sie ihren Hauptsitz in Salt Lake City im Bundesstaat Utah. Zum Mormonentum gehören alle Gemeinschaften, die das Buch Mormon als heilige oder zentrale Schrift betrachten. Im deutschen Sprachraum sind dies die „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage", die „Reorganisierte Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage" und die „Kirche Christi mit der Elias-Botschaft". Entstehung und Entwicklung der Mormonen Mormonen-Gründer Joseph Smith jun., erklärte, im Jahre 1820 nach einem Gebet über die Frage, welche Kirche die wahre sei, eine Vision gehabt zu haben. In dieser „Ersten Vision" seien ihm Gott Vater und Jesus Christus erschienen. Diese hätten ihm mitgeteilt, dass alle zu jener Zeit bestehenden Kirchen im Irrtum seien und er sich keiner anschliessen dürfe. 1823 bis 1827 will er weitere Erscheinungen gehabt haben, diesmal von einem Engel namens Moroni. Der habe ihm den Auftrag gegeben, das Buch Mormon von goldenen Platten zu übersetzen, die seit Jahrhunderten in einem „ Cumorah" genannten nahen Hügel lagerten. Joseph Smith sagte dann, er habe das Buch mit Hilfe der ebenfalls bei den Platten aufbewahrten „Sehersteinen" Urim und Tummim übersetzt. Das Buch wurde 1830, kurz vor der Gründung der Kirche, erstmals veröffentlicht. Die „wahre Kirche" wird wiederhergestellt Die formelle Gründung erfolgte am 6. April 1830 mit Joseph Smith als „erstem Ältesten" und Präsidenten und Oliver Cowdery als „zweitem Ältesten", Hyrum und Samuel Smith (Brüder von Joseph) sowie Peter Whitmer jun. und David Whitmer als eingetragenen Mitgliedern. Die Kirche fand rasch glühende Anhänger und erbitterte Gegner. Auf der anderen Seite sandte Joseph Smith bereits im Jahr 1830 seinen Bruder Samuel als ersten Missionar aus, einige Exemplare des Buches Mormon im Rucksack. Menschen aus dem Umland schlossen sich der neuen Kirche an. Auf der anderen Seite machten ihnen die Gegner durch Boykott, Anzeigen und manchmal auch durch Tätlichkeiten das Leben schwer. Deshalb verlegte Smith den Hauptsitz der „Kirche" bereits 1831 nach Kirtland in Ohio. Die Mitglieder liessen ihre Farmen und Geschäfte zurück und bauten sie im noch kaum besiedelten Ohio neu auf. Verfolgungen und Flucht Nach unruhigen Zeiten und blutigen Verfolgungen flohen 1833 die „Heiligen", wie sie sich nannten, in nördlichere Kreise des Staates Missouri. Dort wurde Joseph Smith verhaftet und gemeinsam mit mehreren Mitarbeitern ins Gefängnis gesteckt. Gouverneur Lilburn Boggs erliess 1838 einen Ausrottungsbefehl, der besagte, die „Mormonen müssen aus dem Staat vertrieben oder vernichtet werden".
Nauvoo erhielt einen Sonderstatus, praktisch als Stadtstaat mit eigener Miliz, der Nauvoo-Legion. 1842 wurde dort die sogenannte Frauenhilfsvereinigung der „Kirche" gegründet. Die Leitung hatte Emma Smith, die Ehefrau des „Propheten". An der Vernichtung der Druckerpresse einer feindlichen Zeitung entzündete sich der Volkszorn, was in der Ermordung von Joseph Smith und seines Bruder Hyrum am 27. Juni 1844 gipfelte. Über der Nachfolgefrage entzündete sich ein heftiger Streit, der zu Abspaltungen führte. Der dienstälteste Apostel, Brigham Young, übernahm die Führung des Hauptteils der Mitglieder. Die „Kirche" wächst Die Mission im Osten der USA, in Kanada und Europa konnte neu beginnen. Mit den Neuankömmlingen und dem großen Wachstum, bedingt durch das religiös begründete Ausüben einer Mehrehe (Polygamie), wuchs die „Kirche" in den Rocky Mountains stark. In diesem Zusammenhang steht auch der Utah-Krieg von 1857. Verquickt mit der Sklavenfrage, kämpfte die amerikanische Innenpolitik gegen die Praxis der Vielehe und machte durch immer restriktivere Gesetze der „Kirche" zunehmend das Leben schwer; zuletzt bis zur Massenverhaftung von Mitgliedern und gross angelegten Beschlagnahmungen von Kircheneigentum. Als Reaktion darauf erklärte 1890 der damalige Präsident und Prophet Wilford Woodruff die Vielehe als nicht mehr akzeptabel in der „Kirche". In der Folge wurde 1896 Utah die Eigenständigkeit als Bundesstaat zugebilligt. Aber erst unter der Präsidentschaft von Joseph F. Smith (1901-1918), dem Neffen des Gründers, räumte die „Kirche" auch in eigener Regie in ihrem Inneren rigoros mit den Resten der Polygamie auf. Weltweite Ausbreitung In den Industriestaaten des westlichen Europa ist die Mitgliederzahl eher rückläufig oder sie stagniert. Die Mormonen behaupten, auf das ursprüngliche Christentum zurückzugreifen. Sie betrachten sich selbst als die „einzig vollständig wahre Kirche auf Erden". Organisation der Mormonen Wer wen in welcher Organisationsebene zu berufen hat, ist genau festgelegt. Nachdem jemand ausgewählt wurde, wird er oder sie in einem vertraulichen Gespräch vom Verantwortlichen gefragt, ob er das Amt annimmt. Ist dies der Fall, wird er in einer öffentlichen Versammlung den betroffenen Mitgliedern zur Zustimmung vorgelegt. Durch Handaufheben erkären sich die Mitglieder mit der Berufung einverstanden und verpflichten sich, die Person in ihrer neuen Berufung zu unterstützen. Berufungen werden nur für begrenzte Zeit ausgesprochen. Ausnahmen bilden die Funktion des Propheten und der Apostel, die bis zum Lebensende währen. Dadurch wechselt die Position eines Mitgliedes in der Hierarchie üblicherweise mehrmals im Leben und kann von Aufgaben auf Gemeindeebene durchaus zu Aufgaben auf Weltebene und wieder zurück führen. In der Führung der „Kirche" spielt der Grundsatz der Offenbarung eine sehr wichtige Rolle. Es wird gelehrt, dass jeder ganz persönlich im Zwiegespräch mit Gott Antwort auf Fragen und Hilfe beim Lösen von Problemen erhalten könne, aber nur bezogen auf seinen Verantwortungsbereich. So könne beispielsweise ein Gemeindeleiter Offenbarung bezüglich Fragen in der Leitung der Gemeinde, aber nicht für die gesamte „Kirche" erhalten. Lehre der Mormonen Offenbarung Heilige Schriften Der Erlösungsplan
Jesus Christus habe durch sein Sühnopfer allen Menschen die Möglichkeit gegeben, von ihren Sünden umzukehren und nach allem, was sie selbst tun können, aus Gnade errettet zu werden. Dazu sei die Taufe durch einen dazu Bevollmächtigten unerlässlich. Leben nach dem Tod Am Ende der Entwicklung stehe die Auferstehung mit dem Jüngsten Gericht, in dem Jesus Christus jedem die ihm gebührende Herrlichkeit zuteilen werde: Dies sind das „Celestiale Reich" mit der grössten Herrlichkeit (Gegenwart Gott Vater), das „Terrestriale Reich" (Gegenwart von Jesus Christus) als mittleres und das „Telestiale Reich" (Wirkung des Heiligen Geistes) als niederstes, in dem auch bewußten Sündern eine Herrlichkeit verheißen wird. Nur wer bewusst Gott leugne, obwohl er ihn erkannt hat, werde in die äusserste Finsternis gestossen und ein „Sohn des Verderbens". Vollmachtsanspruch Diese Vollmacht sei von Jesus Christus auf die Apostel, also auch Petrus, Jakobus und Johannes übertragen worden. Diese seien als auferstandene Wesen Joseph Smith erschienen und hätten ihm diese Vollmacht übertragen. Von Joseph Smith ausgehend, sei diese Vollmacht von Generation zu Generation in ungebrochener Linie weitergegeben worden. Praxis der Mormonen Ein wesentlicher Teil des Kirchenlebens spielt sich in Gemeindehäusern ab; neben den Gottesdiensten auch gesellige Veranstaltungen von Ballspielen bis zu Theaterstücken und Tanzabenden. Ein weiterer Ort für das Kirchenleben sind die Tempel. Sie sind Mitgliedern „in gutem Stande" vorbehalten, die dazu eine schriftliche Empfehlung ihres Bischofs brauchen. Der übliche Gottesdienst am Sonntag umfasst die Abendmahlsversammlung, den wichtigsten Teil des Gottesdienstes. Hier wird das Abendmahl in Form von Wasser und Brot gereicht. In der Sonntagsschule gibt es Klassen für Erwachsene, Jugendliche und für interessierte Aussenstehende. Hier werden Themen aus den Schriften, Aussagen von Propheten und anderer Kirchenführer besprochen. In der Kollegiumsversammlung treffen sich die Priestertumsträger nach Kollegien getrennt: „Diakone" (12 bis 14 Jahre), „Lehrer" (14-16 Jahre), „Priester" (16-18 Jahre), „Älteste und Hohepriester" (ab 18 Jahre). Ebenso treffen sich die Frauen in der Frauenhilfsvereinigung und die Mädchen von 12-18 Jahren in den Versammlungen der Jungen Damen. Hier werden die Lehren speziell für die Gruppe besprochen und diskutiert. Familienleben Auch sollen die Eltern diesen Abend nutzen, die Lehre ihren Kindern in einer fröhlichen und entspannte Atmosphäre nahezubringen. Die „Siegelung" im Tempel entspricht einer Eheschliessung, die jedoch die Kinder ausdrücklich einschliesst. Durch die „Ehesiegelung" werden Familienbande nach dem Glauben der „Kirche" ewig bestehen. Tempel Bis 1990 wurde ein auch innerhalb der „Kirche" äusserst umstrittenes Ritual der sog. Blutsühne praktiziert. Mitgliedern wurde symblosich angedroht, dass ihnen die Kehle durchschnitten werde, wenn sie die Tempelrituale in der Aussenwelt preisgeben. Zutritt haben nur Mitglieder, die zuvor von ihrem zuständigen Bischof auf ihre Würdigkeit hin überprüft wurden. Mission Die Arbeit dieser vollzeitigen Missionare wird von einem Missionspräsidenten beaufsichtigt. Er ist für ein bestimmtes geographisches Gebiet zuständig und direkt dem „Kollegium der Zwölf Apostel" unterstellt. Finanziert wird der Lebensunterhalt für diese Zeit von den Missionaren selbst oder von ihren Familien und Freunden. Prägende Gebote Von jedem Mitglied soll „der Zehnte" bezahlt werden, das heisst zehn Prozent des Einkommens. Auch dies ist Bedingung für den Tempelbesuch. Das Geld wird für die Finanzierung von Bauprojekten, Gebäudeunterhalt, Lehrmittel, Aktivitäten und anderes verwendet. Das Gebot der Keuschheit bedeutet völlige sexuelle Enthaltsamkeit vor der Ehe und vollständige Treue in der Ehe. Auch dieses Gebot ist eine Bedingung für den Besuch von Tempeln. Übertretungen hinsichtlich dieses Gebotes führen grundsätzlich zu Sanktionen bis hin zur Exkommunikation. Unter „Sabbatheiligung" versteht man in der „Kirche" den Besuch des Gottesdienstes und den Verzicht auf kommerzielle und sportliche Betätigung wie Schwimmen im Freibad am Sonntag. Auch sollen Mitglieder der „Kirche" sich am Sabbat (= Sonntag) nicht mit weltlichen Dingen wie fernsehschauen, beschäftigen. Statt dessen soll man sich mit familienzentrierten und geistlichen Dingen befassen wie dem Studium der „heiligen Schriften". Verhältnis zu Aussenstehenden
Joseph Smith beruft sich auf Offenbarungen, die in wesentlichen Punkten von der Bibel abweichen. So lehrt er zum Beispiel die allmähliche Entwicklung des Menschen zum göttlichen Wesen. Seine Lehre von der „Mehrzahl der Götter" (engl. plurality of gods) ist nicht mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren. Die fortlaufende Offenbarung, wie sie zum Beispiel in „Lehren und Bündnisse" und „Die goldene Perle" angeblich geschieht, führt andauernd zu neuen Lehren, die nicht der Bibel entsprechen. Obwohl die Disziplin vieler Mormonen auch Bewunderung auslöst, wirft es auch den Verdacht der Werkgerechtigkeit auf. Der Mensch kann vieles zu seiner Höherentwicklung schaffen. Das Erlösungswerk Jesu Christi wird durch die Vollmachten der Amtsträger stark relativiert. Problematisch ist auch die strenge Hierarchie der Mormonen, verbunden mit einem Offenbarungssystem, das Willkür nicht ausschliesst. Auffällig, wenn auch verständlich, ist, dass die Mormonen Mühe bekunden, ihre eigene Geschichte unverfälscht weiterzugeben. Sie wird im Gegenteil glorifiziert. Gerade die Auseinandersetzung mit den Schattenseiten einer Glaubensgemeinschaft ist jedoch für deren Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Mitglieder entscheidend. Ebenso originell wie unbliblisch sind die Lehren der Mormonen über die „Letzten Dinge", insbesondere der Weg nach dem Tod und die verschiedenen Aufenthaltsorte. Ähnlich wie die Neuapostolen werden verschiedene Bereiche für mehr oder weniger heilige Verstorbene beschrieben, gänzlich ohne biblischer Grundlage. Ähnlich wie die Neuapostolen kennen die Mormonen auch stellvertretende Heilshandlungen für Verstorbene, insbesondere die Taufe für Tote. Dahinter steht zum einen ein magisches Verständnis dieser Handlung, für das es in der Bibel keinen Anhaltspunkt gibt. Auch kann das Schicksal von bereits verstorbenen Menschen nicht durch kirchliche Heilshandlungen beeinflusst werden. * Kritisiert wird auch die Vermengung von Religion und Geschäft bei den Mormonen. Immer wenn eine Glaubensgemeinschaft sich zu stark in kommerzielle Dinge investiert, leidet ihr Auftrag für Verkündigung und Seelsorge. Geld und Macht sind immer in der Lage, jede Kirche oder Religion zu korrumpieren.
Links Die Mormonen bei Relinfo.ch Bearbeitung: Lebenshilfe-net.ch
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