lebenshilfe-net.ch - 26.04.2024, 14:01
URL: http://www.lebenshilfe-net.ch/index.php/D/article/830/48844/
Der Ausstieg der Lea Saskia
Auf den ersten Blick wirkt sie wie eine ganz normale junge Schweizerin Mitte zwanzig. Doch wenn Lea Saskia Laasner erzählt, was sie als Kind und Teenager durchmachen musste, enthüllt sich eine Biographie, die unglaublich erscheint. Wobei das Attribut „unglaublich" nicht heissen soll, dass man Lea Laasner nicht abnimmt, was sie erzählt; ganz im Gegenteil. „Unglaublich" ist ihre Geschichte deshalb, weil man einfach fassungslos ist, wenn man sie hört beziehungsweise liest. Einfallstor Esoterik Der Vater stand der Begeisterung für Janet und Ramtha anfangs wohl eher skeptisch gegenüber. Aus Angst, seine Frau zu verlieren, zog er jedoch bei allem mit. Nach einiger Zeit war er sogar bereit, sein florierendes Architekturbüro zu verkaufen und sich mit der ganzen Familie der „Licht-Oase" anzuschliessen. So nannte sich die um Janet herum bestehende Gruppe. Sie bestand inzwischen aus rund 40 Personen. Alle Versuche von Freunden und Verwandten, diesen Ausstieg aus den gesicherten Verhältnissen eines gutbürgerlichen Lebens zu verhindern, scheiterten. Tyrannischer Guru missbraucht Lea Die Anhänger von Janet und Benno waren überzeugt, dass eine nahe Apokalypse bevorstehe. Mit „Ramthas" Hilfe seien sie aber in der Lage, sich in Lichtwesen zu transformieren. Die Gruppe lebte mehr oder weniger in völliger Isolation in Österreich, Bayern, Portugal und schliesslich im mittelamerikanischen Staat Belize, wo sie sich eine Farm kaufte. Mit 13 Jahren wurde Lea Bennos Geliebte und in den folgenden acht Jahren immer wieder Opfer seiner sexuellen Übergriffe und sadistischen Praktiken. Schutz von den Eltern konnte sie längst nicht mehr erwarten, denn diese Bindungen waren von Benno, Janet und der durch sie erzeugten Gruppendynamik längst zerstört worden. Leas Vater protestierte nicht einmal, als er in die Entjungferung seiner Kinder (Leas Bruder wurde von Janet missbraucht) buchstäblich hineinplatzte.
Auf das unerträgliche Klima ständigen Terrors, Missbrauchs und kollektiven Wahns reagierte Lea mit einer Bulimie. Trotz alledem konnte sie sich stets einen ungebrochenen Kern und einen starken Freiheitsdrang bewahren. Mit Hilfe eines belizianischen Polizisten, in den sie sich verliebt hatte, gelang ihr schliesslich die Flucht von der sekteneigenen Farm. Nach einiger Zeit kehrte sie in die Schweiz zurück, wo sie von Verwandten aufgenommen wurde. Sie kam in Kontakt mit dem Sektenexperten Hugo Stamm, der ihr half, ihre Geschichte als Buch zu veröffentlichen und auf diesem Wege auch ein Stück weit zu verarbeiten. Ein Medienereignis Über die Berichterstattung kann man nicht in allen Fällenglücklich sein. «Bild» etwa konnte naturgemäss nicht der Versuchung widerstehen, sich vor allem auf den Aspekt des sexuellen Missbrauchs zu stürzen. Schon die Überschrift „Ich war Sex-Sklavin eines Sekten-Gurus" liess nichts Gutes ahnen. Dementsprechend bestand auch der Artikel im wesentlichen aus jenen Buchpassagen, in denen Frau Laasner ihre sexuelle Ausbeutung durch besagten Benno schildert. Hugo Stamm wurde wegen einer solchen Berichterstattung der Vorwurf gemacht, Frau Laasner auch aus Eigeninteresse einer Medienmaschinerie ausgeliefert zu haben. Dieser Vorwurf ist nicht berechtigt, weil Stamm in dem ganzen Prozess der Buchentstehung eher als Bremser auftrat. Wäre es nach ihm gegangen, wäre das Buch - wenn überhaupt - unter einem Pseudonym erschienen. Frau Laasner habe jedoch darauf bestanden, ihrer Geschichte auch ihren Namen und ihr Gesicht zu geben. Unbefriedigende rechtliche Lage
Allerdings hinderte die Rechtsabteilung des Eichborn-Verlags Hugo Stamm und Lea Laasner daran, Täter wie Janet und Benno bei ihrem richtigen Namen zu nennen. Man befürchtete eine Prozesslawine. Das ist bedauerlich, denn für die Aufklärungs- und Präventionsarbeit wäre es zweifellos wichtig zu wissen, um wen es sich bei Benno handelt. Zudem ist es ihm anscheinend gelungen, bereits wieder neue Anhänger um sich zu scharen. Sein Aufenthaltsort ist nicht bekannt. Neuartige Sektenszene Lea Laasners Buch belegt nun aber auf sehr deutliche Weise die Vermutung vieler Weltanschauungsexperten, dass sich die Sektenszene zunehmend ausdifferenziert und fragmentiert. Es existieren inzwischen viele Gruppen und Grüppchen existieren, die man entweder gar nicht kennt oder von denen kaum jemand weiss, wie es in ihnen zugeht. Dass die Grösse einer Gruppe nichts über das Gefährdungspotenzial für den einzelnen aussagt, zeigt gerade Lea Laasners Leidensweg: Die „Licht-Oase" umfasste nur rund 40 Personen. Und doch erlebten die junge Frau und andere drangsalierte Mitglieder ein Martyrium ohnegleichen. Wenn Frau Laasners Buch eine Botschaft hat, dann also wohl die, wachsam zu bleiben, auch und gerade kleineren Gemeinschaften gegenüber. Das Buch Autor: Dr. Christian Ruch Quelle: Beratungsstelle Infosekten Bearbeitung: Lebenshilfe-net.ch | ||||||||||||||||||||||||
Rat &
Hilfe per E-Mail Haben Sie Fragen oder suchen Sie Rat? [weiter] |
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung von Livenet.