„Aber das hab ich doch nicht so gemeint!“

 
Aber das hab ich doch nicht
Schwupps – und schon haben wir uns wieder einmal abgrundtief falsch verstanden! Missverständnisse sind menschlich, Missverständnisse sind peinlich – und manchmal tun sie sehr weh. Wie geht man richtig damit um, wenn der gute Ruf zu Unrecht angekratzt wird?

„Der Pulli steht Ihnen aber gut!“, beglückwünschen Sie Ihre Nachbarin am Morgen. „Lila – der letzte Versuch, was?“, scherzen Sie in die Frühlingsluft und bemerken zu spät den Stich, der Ihrer Nachbarin durchs Herz geht. Oh Mann, Sie hatten es vergessen: Die ist ja Single! Sie beteuern, wie attraktiv Sie sie finden und dass Sie es nicht so gemeint haben, doch mit jedem Wort sinken Sie tiefer in das Fettnäpfchen. Nichts mehr zu retten!

Tief im Schlamassel
Kaum etwas ist so schmerzhaft, wie missverstanden zu werden. Man bewaffnet sich mit Fakten, um die Dinge so darzustellen, wie sie in Wirklichkeit sind, aber letztendlich versinkt man dadurch nur noch tiefer im Schlamassel. Je mehr man sich anstrengt, desto schlimmer macht man alles. Irgendwann haben wir alle einmal persönliche Bekanntschaft damit gemacht: Ein in aller Arglosigkeit gesagtes Wort, eine unschuldige Tat oder eine durchaus gut gemeinte Anspielung, die zu einem Missverständnis führt. Dass dies ohne jede böse Absicht geschieht, macht das Ganze umso schmerzhafter. Wenn Sie das tröstet: Diese Erfahrung gehört zum Reifeprozess dazu. Niemand erreicht sein Lern -und Wachstumsziel, ohne zuweilen missverstanden zu werden.

Explosive Verunsicherung
In der Bibel gibt es eine bekannte Person, die ebenfalls missverstanden wurde: David. Saul, der gegenwärtige König, war ein zutiefst verunsicherter Mann, der sich ständig angegriffen fühlte. Die geringste Kritik rief bei ihm eine explosive Verunsicherung hervor. David hatte Goliath erschlagen, und gemeinsam mit Saul kehrte er von der Schlacht gegen die Philister zurück. Als sie die Stadt erreichten, sangen die Frauen dort zur Begrüssung ein Loblied auf die gewonnene Schlacht: „Tausend Feinde hat Saul erschlagen, doch zehntausend waren’s, die David erschlug!” Au weia! Es war nicht nur die mathematische Differenz von neuntausend, die Saul gegen den Strich ging. Er ärgerte sich vor allem darüber, dass David ihm die Show gestohlen hatte. Und er hatte ein völlig falsches Bild von diesem „jungen Spund”, der den Riesen schlicht und einfach aus Gehorsam Gott gegenüber erschlagen hatte. Saul dachte im Stillen: Dieser David hat’s auf meinen Job abgesehen!

Falsche Deutung
David hatte es keineswegs auf den Thron abgesehen. Er war einfach nur eines Tages aufgestanden und losgegangen, um einen Riesen zu erschlagen. So etwas passiert nicht alle Tage. Und nachdem er den Riesen erschlagen hatte, ging er in Sauls Dienste, wurde sogar Sauls Privatmusikant. Er hatte keinerlei Ambitionen, die Krone für sich selbst zu ergattern; dazu hatte Gott ihn ohnehin längst bestimmt. Wenn Sie das Opfer eines Missverständnisses geworden sind, können Sie beobachten, wie aus einem kleinen Missverständnis allmählich eine so falsche Deutung der Dinge wird, dass der andere schliesslich auch die gemeinsten Lügen über Sie glaubt.

Gefährliche Worte
Die meisten Menschen tragen traurigerweise ihre Missverständnisse nicht nur schweigend in ihren Ge­danken mit sich herum, sondern sie verbreiten sie auch noch, indem sie sie aussprechen. Die Zunge kann ein Menschenleben vollkommen zu Grunde richten. Ich habe von einer Frau gelesen, die bei ihrem Selbstmord einen Ab­schiedsbrief hinterliess, auf dem nur stand: „Sie haben gesagt ...” Das war alles. Etwas, was „sie” gesagt hatten, hatte sie das Leben gekostet.

Kampfhilfe
Jetzt fragen Sie sich sicher: „Was kann ich bloss tun, wenn mir so etwas passiert?” Ich habe gelernt, Gott die eine oder andere Schlacht zu überlassen. Manchmal sage ich: „Gott, kümmere du dich um den da vorn! Er ist cleverer als ich. Er hat mehr Erfahrung im Kämpfen. Ausserdem bin ich am Ende meiner Kraft. Regle du die Sache für mich!” Und wissen Sie was? Er tut es! Er ist wie ein Riese, der gegen eine Ameise antritt. Es ist beinahe, als könnten wir zu unseren Feinden sa­gen: „Hör auf, sonst sag ich’s Gott, und der siegt für mich!”

Reife durch Missverständnisse
Einmal erlebten meine Frau und ich die grösste Krise unseres Lebens. Wehr- und waffenlos erfuhren wir am eigenen Leib, wie bitter dieser lähmende Schmerz ist. Wir hatten richtig gehandelt, aber was wir getan hatten, wurde uns falsch ausgelegt, und wir kamen ins Gerede. Die Kritik, der wir zu Unrecht ausgesetzt waren, machte die ganze Situation ungeheuer schmerzhaft und zwang uns auf die Knie. In dieser Zeit habe ich oft an einen Satz von C. S. Lewis gedacht: „Gott flüstert in unseren Glückszeiten, spricht in unserem Gewissen und ruft laut in unserem Schmerz; mit diesem Megaphon rüttelt er eine taube Welt auf.“ Glauben Sie mir, in diesem Jahr waren wir ganz Ohr! In unserem Zustand blieb uns nichts anderes übrig, als auf seine Hilfe zu warten. Und am Ende ist etwas sehr Positives daraus entstanden: Wir sind einfühlsamer geworden, wir können uns leichter in die Lage anderer versetzen.

Autor: Charles Swindoll


Quelle: NEUES LEBEN. Das Christliche Ratgeber-Magazin
Datum: 05.03.2006

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