Der Weg des Dienens – die lohnendste Laufbahn: Gespräch mit Chrischona-Direktor Markus Müller
Livenet: Markus Müller, Sie haben heute gesagt, Dienen sei eine Karriere nach unten. Von unserer Gesellschaft lässt sich sagen: Dienen ist nicht in. Man will nach oben, frau will vorwärtskommen. Das ist doch tief in uns drin, nicht erst seit es das Wort Karriere gibt. In diesem Sinne dienen heisst, dass man auf Träume verzichtet, denen andere nachjagen. Es ist nicht schlecht, wenn auch ich das einzuüben habe: Nicht was ich will, muss jetzt passieren, sondern was dir ein Anliegen ist, tue ich. Gerne. Nicht gezwungen, nicht getrieben, sondern aus tiefer Beauftragung – aus der Gewissheit heraus, dass das Beste im Leben das Dienen ist.
Ich würde es nicht als Lebensstil bezeichnen – der ist eine Auswirkung. Nach meinem Dafürhalten ist das Dienen eine Grundgesinnung. Gesinnung kommt vom Wort Sinnen und meint eigentlich nichts Anderes, als was ich im Herzen denke, mir vornehme, meine Regungen zwischen den Haarwurzeln und meinem Bauch. Mein Sinnen lenkt mich in den Anschauungen zu bestimmen Themen. Es leitet mich in der Frage, wie ich auf andere Menschen zugehe und mich benehme. Es geschieht 24 Stunden am Tag, nicht eingrenzbar. Psalm 1 sagt eindringlich, dass unser Sinnen ausgerichtet sein soll auf das Wort des Höchsten, auf Gottes Wort. Dabei wird meine Gesinnung geschärft. Das zeigt sich an Vorbildern, an Menschen der Vergangenheit. Jakob Spener zum Beispiel hat im 17. Jahrhundert das ganze Sozialwesen der Stadt Frankfurt und der Stadt Berlin auf den Kopf gestellt. Er sagte: Wir wollen wegkommen vom Almosengeben und Arbeitsplätze für Obdachlose schaffen. Er tat dies im Glauben, dass sie, wenn sie arbeiten, wieder für sich selbst sorgen können. Auf dieses Konzept geht der moderne Sozialstaat zurück. Man hat bloss vergessen, dass da die Wurzeln liegen. Bei solchen Menschen sehe ich Dienerschaft. Ich halte es auch für möglich, dass in Zukunft solche Menschen notwendig sind, dass Gott solche Menschen braucht, um wirklich gesellschaftspolitisch umwälzend zu wirken, im öffentlichen Raum revolutionäre Dinge zu tun. Es gibt die gesellschaftliche Ebene und die des privaten Lebens. Dazwischen liegt die der kleinen Gemeinschaften. Der britische Oberrabbiner Jonathan Sacks gehört zu denen, die mehr Aktivität auf dieser Zwischenebene fordern – dass miteinander gedient wird. Eigentlich sollten Christen da an vorderster Front mitwirken. Offenbar haben sie sich zur Ruhe setzen können, weil der Sozialstaat ihnen die Arbeit abgenommen hat. Zinzendorf, von dem das Losungsbüchlein herstammt, sprach von „Banden“: Männer und Frauen, die sich verbindlich zusammenschliessen, um einen Boden zu schaffen, auf dem das Leben gedeihen kann. Heute gibt es Soziologen in unserem Sprachraum, die genau davon reden: Unsere Gesellschaft lebt von Zusammenschlüssen, die freiwillig eingegangen werden. Nachdem die Ehe und die Familie nicht mehr tragen wie früher, braucht es Organisationen, Verbindungen von Menschen, die sich freiwillig (Peter Gross sagt sogar: lebenslänglich) zusammengetan haben. Und diese freiwillige Bereitschaft zum Dienen brauchen wir als Gegengewicht zum Individualismus. Können Christen da noch viel mehr tun? (Der zweite Teil des Gesprächs folgt morgen.) Bericht über den Chrischona-Männertag: http://www.livenet.ch/www/index.php/D/article/154/12208/ Chrischona-Webseite: www.chrischona.ch | ||||||||||||||||
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