"Christ" - Stimmt die Etikette?

"Echter Biedermeier-Stuhl, neu bezogen; nur 150 Franken!" Ein gutes Angebot - gekauft! Schaut ja auch gut aus und passt genau zu den anderen drei, die er schon daheim hat. Jetzt stehen wieder vier um den alten Tisch herum.

Aber was ist das? Die Bespannung an Unterseite ist an einer Stelle lose. Was kommt zum Vorschein? Billige Plastikbänder und Schaumstoff-Füllungen. - Gekauft als "echten Biedermeier", enthüllt als billiges Plagiat. Schade, wenn die Etikette nicht stimmt.

So kann's auch mit dem Christsein gehen. Alles schaut danach aus, oder zumindest meint man's. Aber ist es auch echt? Schauen wir 'mal genauer hin.

"Christ ist, wer ein guter Mensch ist"
Dies ist das moralische Missverständnis. Es ist sehr weit verbreitet. Manche Menschen fühlen sich angegriffen, wenn man darauf besteht, dass sie zu Jesus Christus umkehren müssten: "Ich bin ein guter Christ! Ich bin nicht schlechter als andere."
Aber Christsein ist nicht gleichbedeutend mit "moralisch sein". Eine gute Lebensführung allein macht noch keinen zum Christen.
Trotzdem: Auch Nichtchristen, zum Beispiel Anhänger anderer Religionen, können ein moralisch hochstehendes Leben führen, und auf der anderen Seite gibt es Christen, die aus einem unmoralischen oder ungeordneten Leben kommen und jetzt eine Beziehung zu Jesus Christus gefunden haben. Sie müssen noch mühsam daran arbeiten, ihr Leben neu zu ordnen. Rein moralisch beurteilt, bleiben sie wohl hinter manchem Nichtchristen zurück.

Und dennoch sind sie Christen geworden, weil sie in Gemeinschaft mit Jesus Christus ihr Leben gestalten.

"Christ ist, wer zu einer Kirche gehört"
Auch an diesem Satz ist etwas Wahres. Christen sollten danach streben, "gute Menschen" zu werden. Und natürlich gehört das zum Christsein: Ein Christ lebt seinen Glauben in der Gemeinschaft mit anderen Christen, also in einer christlichen Gruppe, in einer Gemeinde oder Kirche.

Und doch macht allein die Mitgliedschaft in einer Kirche noch niemanden zum Christen. Niemand ist schon allein deshalb ein Auto, weil er in einer Garage geboren wurde. Es kann einer getauft, gefirmt oder konfirmiert sein und sogar regelmässig zur Kirche gehen, ohne dass er wirklich Christ wäre. Auch die aktive Mitarbeit in einer christlichen Gemeinde macht noch niemanden zum Christen.

Jesus selbst machte auf diese Gefahr der Selbsttäuschung aufmerksam: "Am Tage des Gerichts werden viele zu mir sagen: ‚Herr, Herr! In deinem Namen haben wir Weisungen Gottes verkündet und viele Wunder getan.' Und trotzdem werde ich das Urteil sprechen: ‚Ich habe euch nie gekannt!'"

Wichtig ist also nicht, zu welcher Gruppe oder Gemeinde jemand gehört oder was er für Gott tut, sondern ob ein Mensch Gott persönlich kennengelernt hat.

"Christ ist, wer religiöse Erfahrungen macht"
Erhebende Gefühle, bewegende, das Alltägliche übersteigende Erlebnisse können uns in vielen verschiedenen Situationen erfassen. Eine meisterhaft gespielte Symphonie, eine Wanderung in den Alpen oder ein feierlicher Gottesdienst können uns zutiefst bewegen. Solche Erfahrungen können Hinweise auf Gott enthalten, aber sie führen selber noch nicht ins Christsein.

Entscheidend ist nicht ein Gefühl, sondern der Inhalt, aus dem dieses Gefühl gespeist wird. Für den Christen ist Jesus Christus der Inhalt, der alles bestimmt. Von ihm erfasst, können wir dann auch tiefe religiöse Erfahrungen machen. Aber das Christsein baut nicht darauf auf. Die Verbindung zu Jesus Christus übersteigt alle moralische Anstrengung, alles kirchliche Engagement und alle religiöse Erhebung.

"Christsein bezeichnet die Lebensverbindung mit Jesus Christus"
Genau! Christsein heisst: in Verbindung mit Christus leben. Die unverwechselbare, ganz persönliche und andauernde Beziehung zu Jesus Christus ist Merkmal und Inhalt des Christseins. Christsein heisst, sein Leben in dieser Freundschaft mit Jesus Christus zu führen. Hier, in dieser Beziehung, bei diesem Jesus, ist die unveränderliche Mitte.
Die Wege in diese Mitte hinein können ganz unterschiedlich sein. Gott hat jeden einzelnen Menschen individuell geschaffen. Die Lebensumstände keiner zwei Menschen sind gleich. Der Ausgangspunkt mag unterschiedlich sein. Aber das Ziel und die Richtung sind klar. Jesus ruft uns zu sich selbst: "Kommt doch zu mir!" "Wer durstig ist, soll zu mir kommen und trinken."

Der Weg zu Jesus ist das Christwerden. Der weitere Weg in der Gemeinschaft mit Jesus ist das Christsein.

Aus: Roland Werner, Christ werden - Mensch sein
http://www.francke-buch.de
http://www.christus-treff.de
"Christ" - Stimmt die Etikette?

Roland Werner

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