In die Kirche am schönsten Tag?

 
Die Zahl kirchlicher Trauungen
Die Zahl kirchlicher Trauungen ist in den letzten zwei Jahrzehnten dramatisch gesunken.
Für Verliebte und Verlobte finden in diesen Wochen Hochzeits-Messen statt. Da und dort finden die Besucher auch für die kirchliche Trauung kompetente Beratung.

Wenn die Landeskirchen mit einem Stand an der Messe präsent sind, haben sie allen Grund dazu: Die Zahl kirchlicher Trauungen ist in den letzten zwei Jahrzehnten dramatisch gesunken. Damit stellt sich die Frage, welchen Stellenwert die Landeskirchen an einem der wichtigen Lebensübergänge haben, welche Rolle sie bei der Familiengründung spielen.

1975 wurden in reformierten und methodistischen Kirchen der Schweiz 12 270 Paare getraut, im Jahr 2005 noch 5561. Die Rate der kirchlichen Trauungen auf tausend Protestanten halbierte sich in dieser Zeitspanne beinahe; sie fiel von 4,1 auf 2,3. Die extrem tiefe Zahl kontrastiert mit der Rate ziviler Eheschliessungen in der Schweiz (7,6 pro 1000 Einwohner 1970, 5,3 im Jahr 2004). Als wäre die kirchliche Heirat für Protestanten eine Option unter vielen.

Von Exotik geblendet…
Zur Erklärung dieser Zahlen wird auf die relativ ältere protestantische Bevölkerung (weniger Migranten) verwiesen. Die meisten Männer und Frauen testen die Partnerschaft ohne Trauschein. Weiter verheiraten sich Tausende von Schweizer mit Ausländerinnen aus fremden Kulturen. Angesichts ihres Ehe-Abenteuers, das weit von herkömmlichen Pfaden wegführt, bleiben viele der als traditionell empfundenen Kirche fern.

Wenn die konfessionell gemischte Ehe unter Schweizern vor 45 Jahren noch den Sonderfall darstellte (eine von acht), gehören heute Eheschliessungen mit Russinnen, Asiatinnen, Maghrebinern und Schwarzafrikanern zum Alltag der Zivilstandbeamten. Noch 1960 wurden 32 000 Ehen (von 41 500) durch Partner der gleichen Konfession (beide katholisch oder reformiert) geschlossen; 2005 waren es bei fast gleicher Gesamtzahl nur noch 14'800. Zivil heirateten 10 600 Protestanten 2005 einen Partner einer andern Konfession bzw. eines andern Glaubens. Dasselbe gilt für 11 180 Katholiken – ein Beleg dafür, dass sich die Grenzen zwischen den konfessionellen Milieus jedenfalls im Mittelland stark aufgeweicht haben.

… im Alltag aufgewacht
 
Die meisten Männer und Frauen
Die meisten Männer und Frauen testen die Partnerschaft ohne Trauschein.
Trägt auch die Tatsache von mehr Scheidungen dazu bei, dass Paare das Ja-Wort in der Kirche scheuen? Die Scheidungsrate in der Schweiz ist 2005 nochmals in die Höhe geschnellt: Von 17 949 im Vorjahr auf 21 332 bei 40 139 Eheschliessungen. Damit ist auch das Verhältnis der Scheidungen zu den Heiraten auf über 50 Prozent angestiegen, genau auf 53.15 Prozent.

Dem Tages-Anzeiger fiel bei der Analyse der Zahlen von Stadt und Kanton Zürich (pdf) auf, dass die binationalen Ehen einen hohen Anteil an den Scheidungen ausmachen. Das Statistische Amt des Kantons Zürich hält fest, dass von den 1984 geschlossenen binationalen Ehen nach zehn Jahren 60 Prozent geschieden waren. Von den Mitte der 90er-Jahre geschlossenen sind es gar 75 Prozent. Scheidungsgefährdet ist vor allem die Vermählung einer Schweizerin mit einem Ausländer. Wenn ein Schweizer eine Ausländerin heiratet, hat er etwas bessere Chancen: Nach zwanzig Jahren sind „erst“ 45 Prozent geschieden.

Was tun die Kirchen gegen die Trends?
Der Anteil der binationalen Paare vor Zürcher Standesbeamten lag Mitte der 80er-Jahre bei 30 Prozent, heute bei über 40. Ein weiterer Grund für den Anstieg der Scheidungen für 2005 scheint die Verkürzung der Trennungszeit von vier auf zwei Jahre sein, die für Kampfscheidungen seit 2004 gilt. Gemäss Soziologen schlagen neben der Tatsache, dass heute mehr scheidungsgefährdete Ehen geschlossen werden, auch Trends wie Individualisierung und Selbstverwirklichung und (zu) hohe Erwartungen an die Beziehung auf die Scheidungsrate durch.

Es verwundert nicht, dass die Zahl der Zweitehen stark zugenommen hat: In 40 Prozent der Eheschliessungen im Kanton Zürich waren einer oder beide geschieden.

Laut dem Religionsstatistiker Claude Bovay ( Religionslandschaft Schweiz (pdf) ) gab es bei den Protestanten schon 1970 „doppelt so viele Geschiedene wie bei den Katholiken. Auch im Jahr 2000 verzeichneten Religionsgemeinschaften, welche die Eheschliessung unterstützen, weniger Scheidungen.“ Gemäss der Statistik sind dies die Freikirchen, islamische und hinduistische Vereinigungen.

Quelle: Livenet / SSF

Links zum Thema:
Informationen zur Trauung (Zürcher Landeskirche)
Broschüre zur Trauung (Berner Landeskirche)
Landeskirchen an Hochzeitsmessen: ZH - BS - BE
www.kirchenhochzeit.ch

Autor: Peter Schmid

Datum: 08.02.2007

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