Schweigen führt zu Missverständnissen

Viele Menschen behalten ihre Gefühle so lange für sich, bis sie platzen. Besser ist es, den Umgang mit Aggression und Verletzungen gezielt zu üben. Denn Schweigen ist keine Lösung.

Schweigen kann sogar zur Gefahr für eine Beziehung werden und viel Schaden anrichten – bei sich selbst wie auch bei den Mitmenschen. Viele Ehen zerbrechen daran.

Vom Umgang mit Gefühlen
Zehn Jahre lang ging Annas Mann fremd. Jedes Mal, wenn sie es wieder ahnte, war sie verzweifelt. Doch sie sagte nichts. Als Christin wollte sie bereit sein, ihrem Mann zu vergeben. Sie fügte sich, war stets hilfsbereit und versuchte ihm zu verzeihen. Dass sein Verhalten sie zutiefst verletzte, gestand sie ihm nie.

Nach zehn Jahren konnte sie nicht mehr. Sie entschloss sich, ihn zu verlassen. Endlich begriff er, was er ihr angetan hatte, und war verzweifelt. Doch es war zu spät. Sie hatte einen anderen Mann kennen- und schätzen gelernt. Es gab kein Zurück mehr.

Zum offenen Gespräch gehört Mut
Als Kind schreit man, wenn man getreten wird. Warum fasst man als Erwachsener seine Verletzungen nicht wenigstens in Worte? Längeres Schweigen führt automatisch zu Missverständnissen. Damit überfordert man nicht nur den Partner, sondern auch sich selbst. Wer immer nur schluckt, wird irgendwann platzen.

Zu einem offenen Gespräch gehören Selbstachtung und Mut. Und man muss seine Gefühle richtig deuten lernen. Denn nicht alle Gefühle sind ernst zu nehmen. Entscheiden Sie in einem ersten Schritt, welche Gefühle Sie loswerden wollen und welche sie ernst nehmen.

- Was oder wer genau hat mich verletzt?
- Worauf bin ich wütend?
- Fühle ich mich in meinem Selbstwert verletzt?
- Ist es nur verletzter Stolz oder eine eigene Unzulänglichkeit, die mein Handeln behindern?
- Habe ich Angst?
- Fühle ich mich überfordert?

 
Vom Umgang mit Gefühlen
Leisten Sie sich keinen Rucksack aus Aggressionen gegen andere; sie würden selber immer auf der Verliererseite stehen. Dazu steht in der Bibel den Sprüchen Salomos: „Offene Zurechtweisung ist besser als Liebe, die verborgen bleibt... Wie sich im Wasser das Angesicht spiegelt, so ein Mensch im Herzen des andern.“

Man sollte dem andern mitteilen, wenn er Schuld auf sich geladen hat. Manchmal sind wir darin Meister, Verletzungen in falscher Demut zu ertragen. Beziehungen, in denen nicht offen gesprochen wird, enden jedoch im offenen Streit, weil sich Missverständnisse und Verletzungen angehäuft haben.

Wer seinen Rucksack nicht regelmässig leert, den beherrscht schliesslich seine Empfindlichkeit. Er reagiert und redet dann nur noch aus dieser Verletztheit heraus. Eigentümliche Forderungen prägen seine Kommunikation, was auf andere sehr unangenehm wirkt. „Ich will verstanden werden“ oder „Komm mir ja nicht mit dieser oder jener Antwort“ sind solche inneren Blockaden für ein freies Gespräch.

Wer zu lange wartet, reagiert unnötig empfindlich. Formulieren Sie also Ihre Gefühle so treffend wie möglich. Die folgenden Beispiele können das verdeutlichen:

1. Ihr Partner herrscht Sie an, weil sie eine Besorgung vergessen haben.

Positive Antwort:
„Es tut mir leid, dass ich es vergessen habe. Aber bitte sprich in einem anderen Ton mit mir, dann erledige ich es sehr gerne morgen für dich.“
Negative Antwort:
„Das ist doch der Gipfel. Kauf doch selber ein, wenn du immer alles sofort haben musst.“

 
Happy Partners
2. Sie sind sauer, weil Ihre Frau schon wieder ein Wochenende verplant hat, während Sie lieber zu Hause bleiben wollten.

Positive Antwort:
„Ich habe sehr viel gearbeitet und würde es vorziehen, zu Hause zu bleiben. Die Reise in die Berge wird mich überfordern.“
Negative Antwort:
„So ein Schwachsinn, für zwei Tage in die Berge zu fahren.“

3. Ihr Partner hat Sie betrogen, und Sie haben es bemerkt.

Positive Antwort:
„Ich bin total traurig, enttäuscht und tief verletzt. Es bricht mir das Herz, dass du so mit mir und unserer Beziehung umgehst. Ich brauche jetzt Distanz und Zeit für mich.“
Negative Antwort:
„Du bist der Allerletzte. Ich kann dich echt nicht mehr ertragen. Verschwinde.“

Merken Sie den Unterschied? – Bedenken Sie, dass unverarbeitete Gefühle, die zu spät formuliert werden, auch zu körperlichen Beschwerden führen können. Warten Sie also nicht damit, Ihre Gefühle zu äussern, und haben Sie den Mut, auch zu Ihren Verletzungen zu stehen. Auf diese Weise kehren Sie zu Achtung und Dankbarkeit gegenüber Ihrem Partner zurück. Denn nur damit können Sie eine glücklich Beziehung führen und sich Ihrem Partner auch hingeben.

Schriftsteller George Bernhard Shaw schrieb dazu treffend: „Wenn du anfängst, dich denen aufzuopfern, die du liebst, wirst du am Ende gerade die hassen, für die du dich verzehrt hast.“

Dieser Text wurde inspiriert von dem Buch «Wer redet, sündigt; wer schweigt, auch» von Ruth Heil, Johannis Verlag, Thema Lebenshilfe, ISBN 3-501-01358-2

Autor: Iris Muhl
Quelle: Livenet.ch

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