Kommentar: Mehr „Sonntag“ – am Kiosk

	Aargauer Sonntagszeitung.

Der Verleger Peter Wanner sagte im Radio, die Werbung verlagere sich auf den Sonntag und an diesem Tag werde mehr gelesen. Die siebte Ausgabe des von der Tamedia eingekreisten Verbunds „Mittelland-Zeitung“ ging an 210‘000 Abonnenten und 30‘000-fach an die Kioske; sie soll den anderen drei Sonntagszeitungen Leser und Inserate abjagen.

Der NZZ-Medienspezialist Rainer Stadler sieht den „Blätterwald im Sturmwind“. Und vermutet, dass in der Materialschlacht (heute Mittwoch kommt die Gratiszeitung .ch auf den Markt, für den Herbst ist ein weiteres Pendlerblatt geplant) mehrere Medienhäuser sich blutige Nasen holen werden.

Der Medienvielfalt gilt die Sorge – wen kümmert der Sonntag? Die Aargauer vollziehen einen Trend nach und verstärken ihn zugleich: Der Ruhetag dient heute einem Grossteil der Schweizer zur (vertieften?) Information über das, was sie auch während der Woche beschäftigt – statt der Orientierung am Evangelium, dem Hören auf Gott, der Ausrichtung auf den Schöpfer. Die Aargauer Topthemen: Steuerschraube, Ylenia, Tele Blocher, Krankenkassenprämien und der angesägte Stuhl von Ralph Krueger – Sonntag?

Soll man sich trösten, dass sich die Aargauer Sonntagsmacher nicht dazu versteigen, ihren Lesern erklären zu wollen, „wo Gott hockt“ (wie einst die ‚Sonntagszeitung‘), sondern das diesseitige helvetische Mittelmass abbilden? Nein. Der Sonntag ist zu kostbar – nur als qualitative Alternative zum Werktag ermöglicht er die Récréation, die Erholung, die wir brauchen, um sechs Werktage zu bestehen.

Nur wer sich am siebten Tag aus dem Leistungsdenken abmeldet und sich anderswo inspirieren lässt, kann die sechs kraftvoll gestalten, mit dem Blick fürs Ganze. Aber eben: Wie viele Deutschschweizer kennen in ihrer Nähe die Sonntagsredner und die Gemeinschaft, die ihnen diese geistliche Inspiration vermitteln?