Hoffnung für Mädchen: Urteil in Utah nach Vergewaltigung

 
Warren S. Jeffs
Warren S. Jeffs
In mormonischen Splittergruppen findet sich Machismo der unheimlichen, religiös verbrämten Art: Mädchen müssen nicht selten nahe Verwandte heiraten, um ihnen Kinder zu gebären. Je mehr Gattinnen, desto besser der künftige Status im Jenseits. Bringt ein Urteil gegen einen Chef-Polygamisten bedrängten Frauen eine hellere Zukunft?

Ein Gericht in St. George im US-Bundesstaat Utah hat am Dienstag den Chef einer polygamistischen Mormonen-Sekte der Beihilfe zur Vergewaltigung schuldig gesprochen. Die Geschworenen verurteilten Warren S. Jeffs (51), «Prophet» der «Fundamentalistischen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage». Sie sahen es als erwiesen an, dass er 2001 die 14-jährige Sektenangehörige Elissa Wall zu einer „himmlischen Ehe“ mit einem Cousin gezwungen hatte. Wall erklärte vor Gericht, Jeffs habe ihr befohlen, ihrem Ehemann zu gehorchen und ihm Kinder zu gebären, sonst komme sie nicht in den Himmel.

Der Chef zur Rechenschaft gezogen
Die Geschworenen folgten der Anklage. Sie machte Jeffs als Sektenchef verantwortlich für den Zwang, unter dem die Ehe geschlossen wurde, und für die Vergewaltigung. Er habe wissen müssen, dass es zu erzwungenem Sex kommen würde. Wall hat die «Fundamentalistische Kirche» inzwischen verlassen; die Ehe wurde geschieden. Der Mann wurde nicht angeklagt.

Most Wanted Man
Jeffs stand 2006 während vier Monaten auf der FBI-Liste der meistgesuchten Männer und wurde schliesslich in Las Vegas festgenommen. Um die drohende langjährige Gefängnisstrafe abzuwenden, werden seine Verteidiger vermutlich Berufung einlegen. Utahs Justizminister Mark Shurtleff begrüsste das Urteil. Im Nachbarstaat Arizona steht ein Verfahren wegen Inzest oder Verheiratung von Minderjährigen an.

Polygame Splittergruppe der Mormonen
 
Mormonenkirche Utah
Mormonenkirche Utah.
Jeffs‘ „Fundamentalistische Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ ist mit ihren schätzungsweise 10‘000 Mitgliedern eine Splittergruppe der Mormonen-Bewegung, die in den USA mehr als fünf Millionen Mitglieder zählt und weltweit tätig ist. Die Mormonen förderten die Vielehe bis 1890, als sie ihr abschwören mussten, um mit ihrem Territorium Utah in die USA aufgenommen zu werden. Die Polygamisten zogen sich darauf zurück in entlegene Orte, wo niemand genau hinschaute.

Minderjährige Mädchen als Sex-Objekte
Einwohner von Hildale und dem benachbarten Colorado City im Bundesstaat Arizona äusserten nach dem Urteil, es könnte den Widerstand der Splittergruppe gegen das Polygamie-Verbot noch verstärken. „Es macht ihn umso mehr zum Propheten“, sagte Isaac Wyler, der von Jeffs 2004 ausgeschlossen wurde. Andere Insider vermuten, dass die Sekte nach dem Urteil ihre Ehen weniger im Süden Utahs und vermehrt in gut kontrollierten Siedlungen in Texas und weiteren Bundesstaaten schliessen wird. „Sie glauben, dass Polygamie von Gott geboten ist, und werden weiterhin Minderjährige verheiraten“, wird ein Ex-Mitglied in der New York Times zitiert.

Geschlossene Gesellschaft
Jeffs‘ Verteidiger versuchte den Geschworenen darzulegen, hier gehe es um Religionsfreiheit. Wall erklärte, das Urteil wende sich gegen Kindsmissbrauch und diene dem Schutz Minderjähriger. Mehrere Geschworene sagten der Presse nach dem Urteil, dass Jeffs alle Fäden in der Hand hatte. Er sei nicht dagewesen, um einzugreifen, als die Sache schief ging, „und sie wurde vergewaltigt“. Walls Mutter und Schwester, von ihr um Hilfe angegangen, hätten sich vor Strafen gefürchtet.

Christliche Seite übers Mormonentun aus Utah

Quelle: Livenet / New York Times

Autor: Peter Schmid

Datum: 27.09.2007

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