Verschiedene Deutungsmuster für Ängste
Wie Ängste entstehen, auf diese Frage hat die Wissenschaft mehrere Modelle entwickelt. Jedes von ihnen enthält wichtige Einzelbeobachtungen. Psychoanalytisches Modell Ein Konflikt in der Gegenwart löst die Angst aus. Oft entsteht er durch eine sexuelle Frustration oder den drohenden Verlust eines inneren Bezugspunktes («Objektverlust»). Mithilfe der Angst werden die (Trieb-)Spannungen zwischen Ich, Es und Über-Ich abgewehrt. Bereits Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, hat aber auch auf eine mögliche Vererbung hingewiesen. Ziel einer analytischen Behandlung wäre es, die Konflikte, die Triebspannungen und ihre Ängste bewusst zu machen, damit man nicht mehr dagegen angehen muss. Kognitiv-verhaltenstherapeuthisches Modell Eine Angst ist eingeschliffenes Muster, mit dem man auf unangenehme Situationen reagiert. Vegetative Symptome begleiten die Angst, wobei diese Symptome ihrerseits einen Kreislauf erzeugen: Angstauslöser negative Gedanken körperliches Missempfinden weitere Angst weitere negative Gedanken ... In der Therapie soll dieser Kreislauf durchbrochen werden, indem die Person ihre Symptome verstehen lernt, sie rational einordnet und ein anderes Verhalten einübt.
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Der Kreislauf der Angsterfahrung. |
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Biologisches Modell Angst wird durch komplexe biochemische Vorgänge im Gehirn und im vegetativen Nervensystem erzeugt. Sie basiert im wesentlichen auf einer Störung der Neurotransmitter wie GABA, Noradrenalin, Serotonin im Frontalhirn und im limbischen System. Medikamente, vor allem Tranquilizer, können eine Angst schlagartig dämpfen. Das wichtigste Element einer Therapie sind deshalb präzis dosierte Medikamente. Eine breit angelegte australische Studie an fast 4000 Zwillingspaaren hat den hohen Stellenwert der genetischen Faktoren gezeigt: Sie beeinflussten zu fast 50 Prozent, wie «neurotisch» beziehungsweise sensibel eine Person war. Ursachen und Therapie von Angsterkrankungen Woher kommt nun eine Angst? Eine hilfreiche Faustregel ist die Drittels-Regel: - Ein Drittel der Ängste stammt aus vererbten Anlagen,
- ein Drittel ist auf eine schwierige Kindheit und Jugend zurückzuführen und
- ein Drittel wird durch aktuelle Lebensbelastungen und falsche Verhaltensmuster hervorgerufen.
In der Therapie von Angst-Patienten sind die folgenden 5 Bereiche zu berücksichtigen: - Disposition: Hat der Betreffende bereits eine ängstliche Grundpersönlichkeit?
- Lebensgeschichte: Liegen alte Belastungen vor, zum Beispiel durch Alkoholismus oder Scheidung der Eltern?
- Auslöser: Wann genau reagiert der Patient mit einer Angst? Wenn er sich öffentlich blamieren könnte, wenn
ein Hund in der Nähe ist ...?
- Muster der Bewältigung: Möchte er sich übermässig absichern und vermeidet beunruhigende Situationen?
- Biologische Aspekte: Wären zur kurzfristigen Beruhigung medikamentöse Eingriffe in die Hirn-Biochemie ratsam?
Autor: Dr. med. Samuel Pfeifer
Quelle: seminare-ps.net
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