Die Neuapostolische Kirche
Entstehung und Entwicklung Eine tiefe Krise, aus der auch mehrere Abspaltungen hervorgingen, erlebte die Neuapostolische Kirche nach dem Tod ihres Stammapostels Johann Gottfried Bischoff (1960). Bischoff, der 1930 das Stammapostelamt antrat, verkündigte, Christus werde noch zu seinen Lebzeiten wiederkommen. Diese „Botschaft" genannte Aussage wurde zum neuapostolischen Status Confessionis. Amtsträger, die diese anzweifelten, wurden ihrer Ämter enthoben. Beitrittswillige wurden vielerorts erst nach einem Bekenntnis zur „Botschaft" in die Kirche aufgenommen. Als Bischoff starb und die Wiederkunft Jesu nicht eingetreten war, wurde seitens des Apostelkollegiums behauptet, Gott habe „seinen Willen geändert" - ein Irrtum seitens des Stammapostels Bischoff wurde ausgeschlossen. Heute lautet der offizielle Standpunkt zu diesem Thema, man könne letztlich nicht feststellen, ob diese Botschaft von Gott kam oder nicht. Dem Stammapostel spricht man in der heutigen Zeit keine Unfehlbarkeit mehr zu. Organisation Die Neuapostolische Kirche Schweiz ist privatrechtlich organisiert und als Verein im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen. Der Sitz und die Verwaltung - auch der internationalen Neuapostolischen Kirche - befinden sich in Zürich. Schweizer Kirchenpräsident („Bezirksapostel") Markus Fehlbaum, der auch für weite Teile Süd- und Südosteuropas zuständig ist. Er und die übrigen für die Schweiz zuständigen drei Apostel bilden den Vorstand und sind Mitglieder der Neuapostolische Kirche International, die vom Stammapostel geleitet wird. Heute hat die Neuapostolische Kirche weltweit rund 11 Millionen Anhänger (Stand von Ende 2007). In der Schweiz zählt sie nach eigenen Angaben knapp 35'000 Mitglieder in 229 Gemeinden und 21 Bezirken (Stand von Ende 2003). Die Zahl der Gemeinden wächst aufgrund der engagierten Missionstätigkeit vor allem in Afrika stetig an, wo die Neuapostolische Kirche heute einen Grossteil ihrer Mitglieder hat. Weltweit gibt es über 300 Apostel. Lehre Die Neuapostoliche Kirche kennt die „Heilige Wassertaufe", das „Heilige Abendmahl" und die „Heilige Versiegelung". Taufe und Versiegelung werden an jedem Mitglied einmal vollzogen. Durch die Taufe wird nach neuapostolischem Verständnis der „Bund eines guten Gewissens mit Gott" geschlossen. Sie bewirkt ausserdem die Befreiung von der „Erbsünde", die Versiegelung wird als Spendung des Heiligen Geistes verstanden und kann nur durch Handauflegung eines lebenden Apostels durchgeführt werden. Eine besondere Rolle in der Lehre spielt das Entschlafenenwesen. Dreimal jährlich findet ein Gottesdienste für Entschlafene statt, in denen verstorbene Menschen, die nicht neuapostolisch waren, getauft und versiegelt werden. Dazu werden stellvertretend zwei neuapostolische Amtsträger durch den Stammapostel oder durch Bezirksapostel getauft bzw. versiegelt, die den Verstorbenen als Medium dienen. In gleicher Weise wird in Gottesdiensten, die von Bezirksaposteln oder vom Stammapostel geleitet werden, jeden Sonntag den toten Neuapostolischen das Abendmahl gespendet
Die Gottesdienste der Neuapostolischen Kirche sind diszipliniert, geregelt und formell. Die Liturgie ähnelt heute der der protestantischen Kirchen. Von den in den Kirchenbüchern registrierten Mitgliedern besuchen je nach Gemeinde 20 bis 70 Prozent regelmässig die Gottesdienste. Soweit das der Fall ist, beteiligen sie sich rege am Gemeindeleben und zeichnen sich durch ein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl wie in einer grossen Familie aus. Bewertung Das Amt des Stammapostels ist ausserdem nicht in der Bibel begründet, so wenig wie das Amt des Papstes. Das Amt des Stammapostels wie auch das Apostelamt im neuapostolischen Verständnis verschaffen der Führung eine Macht über menschliche Seelen, die nicht mit einer neutestamentlich verstandenen Freiheit des Christenmenschen zu vereinbaren ist. Konsequenterweise fehlt in der Neuapostolischen Kirche denn auch weithin der Wille, die Mitglieder zur selbständigen Bibelauslegung zu führen. Vielleicht ist das eine Erklärung dafür, dass Neuapostolen oft nicht als sehr glaubwürdige Christen wahrgenommen werden. Gerade ihre Geschichte hätte die Neuapostolische Kirche dazu führen müssen, die Heilsgewissheit der Mitglieder weniger ans „Amt" zu binden. Denn Johann Gottfried Bischoff hat gezeigt, wie massiv ein Stammapostel irren kann. Nach dem Neuen Testament sind auch Apostel nicht irrtumsfrei. Ihr „Erkennen ist Stückwerk". Fehlende Grundlagen Der Empfang des Heiligen Geistes geschieht nach neutestamentlichem Verständnis im Zusammenhang Umkehr, Vergebung und Neuwerdung (Wiedergeburt). Dies schliesst besondere Erfahrungen mit dem Heiligen Geist Geist nicht aus. Das Wirken und Empfangen des Geistes ist aber an den Glauben gebunden. Wenig biblisch ist auch der exklusive Anspruch der Neuapostolischen Kirche. Sie sieht sich grundsätzlich als allein wahre Kirche, da in ihr das Apostelamt wieder lebendig wurde, auch wenn sie andern Konfessionen eine Verbindung zu Gott nicht rundweg abspricht. Sie isoliert sich damit gegenüber den Christen in Landes- und Freikirchen und verstösst damit gegen die biblische Sicht vom einen „Leib Christi". Allerdings gibt es Bestrebungen, diese Distanz zu verkleinern. So wurde Ende Januar 2006 bekannt gegeben, dass man jetzt auch Taufen anderer Kirchen anerkenne, soweit diese im Namen des dreieinigen Gottes durchgeführt worden sei.
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