Symptome und Beziehung

 
Frau

Die Bedeutung der Krankenrolle
Die Rolle des «Kranken» kann zu einem wirksamen Instrument in Beziehungen werden – sei es zu Menschen, zur Arbeit oder gar zu sich selbst. Jeder Mensch sehnt sich nach Verständnis, Trost, Schutz und Geborgenheit. Krankheit kann als Signal an andere dienen, diese Bedürfnisse zu erfüllen. Das ist auch legitim und eine wesentliche Grundlage für das menschliche Miteinander.
«Ich bin schwach und brauche Schutz und Entlastung!»
«Wenn du da bist, dann geht es mir gleich besser.»
Gemeinsame Zeiten des Leidens können eine Beziehung stärken und vertiefen.

Sekundärgewinn
Problematisch wird es, wenn diese natürlichen Gefühle und Reaktionen in der Krankheit (unbewusst) dazu eingesetzt werden, um in Beziehungen das zu erreichen, was man im Gespräch nicht erhält. Oft drücken Mimik, Gestik und Körperhaltung so deutlich aus: «Mir geht es nicht gut», dass es keiner weiteren Worte bedarf.

Harmonie um jeden Preis?
Gerade dann, wenn man versucht, Gefühle, Ängste oder Unmut nicht auszudrücken, um den andern nicht zu verletzen, kann es vermehrt zu inneren Spannungen kommen, die sich dann als Magenschmerzen, Nackenverspannungen oder als Herzstechen äussern.

Schuldgefühle
Oft sind chronische Krankheiten mit Schuldgefühlen verbunden. Die kranke Person hat Schuldgefühle, weil sie den Eindruck hat, den andern ständig zur Last zu fallen. Sie erlebt sich als Versager, weil es ihr nicht «gelingt», gesund zu sein. Helfer haben Schuldgefühle, weil sie manchmal innerlich Gefühle haben, die «doch nicht richtig sind»: Neid, weil die kranke Person immer im Mittelpunkt steht; Wut, weil sie sich nicht helfen lassen will; Verachtung und Enttäuschung, wenn ein Mann nicht mehr so dynamisch ist wie früher.

Ein Wort der Vorsicht
Man würde psychosomatisch Kranken Unrecht tun, wenn man ihnen unterstellt, sie setzten ihre Symptome bewusst ein, «um etwas zu erreichen».

Die Symptome sind das Resultat vielfältiger äusserer und innerer Stressfaktoren. Doch die Umgebung «KANN NICHT NICHT REAGIEREN». Arbeitskollegen, Angehörige, Kinder und Partner sind Mit-Betroffene. Je enger der Kontakt zum Kranken ist, desto stärker ist das Mit-Leiden.

Veränderungen sind bedrohlich
Oft sind es Veränderungen, die psychosomatische Störungen auslösen: am Arbeitsplatz werden Computer eingeführt; die 18-jährige Tochter hat einen Freund und will ausziehen; der Ehemann entwickelt ein neues Hobby und nimmt sich mehr Freiheit.

Das Symptom (z.B. Migräne) kann vielleicht aussagen: «Mir würde es gut gehen, wenn es diese Veränderung nicht gäbe!»

Falsche Interpretation …
waren in der (heute überholten) Psychosomatik alter Schule häufig. Man sah das Symptom nur als Resultat von mütterlichem Fehlverhalten.

Heute ist man barmherziger und gewichtet auch den Einfluss des leidenden Kindes auf die Bewältigungsmöglichkeiten der Mutter.

Weitere Informationen :
H. Lieb & A. von Pein:
Der kranke Gesunde. Trias.

Beispiel
Meine Mutter ist schon länger kränklich. Seit dem Tod meines Bruders klagt sie immer wieder über Herzschmerzen. Der Arzt konnte nichts finden. Oft liegt sie dann den ganzen Tag im Bett und erwartet, dass wir den Haushalt machen.

Ich bin hin und her gerissen: Einerseits tut sie mir leid. Aber manchmal bin ich auch wütend. Wenn ich mit meinem Freund ausgehen will, hat sie oft einen Herzanfall. Manchmal habe ich schon abgesagt, um sie nicht im Stich zu lassen und mir nachher keine Vorwürfe machen zu müssen. Sie gibt mir oft doppelte Botschaften: «Geh du nur und amüsier dich. Ich bin ja nicht mehr so wichtig für dich. Du musst doch glücklich werden!»

Zum Dossier: www.psychosomatik.jesus.ch
Suchen Sie Beratung? www.lebenshilfe.jesus.ch

Autor: Dr. med. Samuel Pfeifer
Quelle: seminare-ps.net
Datum: 10.02.2005

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