Sollen wir unserem Sohn einen eigenen Fernseher erlauben?“

 
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„Unser 14-jähriger Sohn verbringt am liebsten seine Freizeit vor irgendeinem Bildschirm – sei es am Computer oder vor dem Fernseher. Jetzt möchte er sich von seinem selbst ersparten Geld einen eigenen Fernseher für sein Zimmer kaufen. Was halten Sie davon?“

Fernseher und Computer sind aus vielen Kinderzimmern nicht mehr weg zu denken. Nach der neuesten Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbandes Südwest schauen 93 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren mehr als zwei Stunden täglich fern. Zwei von drei besitzen einen eignen Fernseher und etwa die Hälfte hat einen Videorekorder oder DVD-Spieler. Auch bei jüngeren Kindern wird die Freizeit vom Fernsehen dominiert: Fast 80 Prozent der 6- bis 13-Jährigen schauen täglich fern und mehr als jeder Dritte dieser Altergruppe besitzt ein eigenes Gerät.

Was den Computer betrifft, ist das Bild differenzierter. Computer- und Internetanschluss sind noch nicht ganz so verbreitet und werden – im Gegensatz zum TV – auch für kreative Tätigkeiten benutzt. Klar: Unsere Kinder müssen lernen, mit dem Computer umzugehen. Von daher sollten Jugendliche meiner Meinung nach Zugang zu Computer und Internet haben. Denn unter anderem bietet das Internet gute Infos für die Schule, z. B. bei der Recherche für ein Referat.

Allerdings sind nicht nur die Nutzungsmöglichkeiten, sondern auch die Missbrauchsgefahren erheblich grösser: Es gibt keinen wirksamen Jugendschutz im Internet. Jeder Jugendliche bekommt Zugang zu Gewaltspielen und Brutal-Videos, Neonazi-Propaganda und Pornos der übelsten Sorte. Daher ist bei jugendlichen Computernutzern dringend nötig, sehr klare Absprachen darüber zu treffen, wie lange und wozu der Computer benutzt werden darf. Eltern sollten sich mit dem Computer soweit auskennen, dass sie merken, wenn etwas schief läuft.

Notwendige Kontrolle
Bei der Frage, wie Sie als Eltern den Medienkonsum Ihrer Kinder regulieren, gibt es sicherlich keine Standard-Antwort. Allgemein gilt: Nehmen Sie das Kind wahr, kennen Sie seine Stärken und Schwächen, und kontrollieren Sie nur dort, wo es nötig ist. Verschiessen Sie Ihre Munition nicht auf „Nebenkriegsschauplätzen“.

Unkontrollierter Medienkonsum fügt dem Kind jedoch entscheidenden und nicht wieder gut zu machenden Schaden zu. Pornosucht entwickelt sich bei männlichen Teens im Handumdrehen, Pseudo-Kommunikation in Chatforen verarmt die Selbstsicherheit vieler Mädchen und fernsehkonsumbedingter Bewegungsmangel ist Hauptursache für Übergewicht.

 
TV

Zu viel Fernsehen macht dumm
Dazu schlagen Hirnforscher Alarm: „Fernsehen macht dumm!“ Die Entwicklung des kindlichen und jugendlichen Gehirns wird durch zu viel Fernsehen zu einseitig gefördert, nämlich nur das Sehen und Hören. Tasten, Schmecken, Riechen, Körperwahrnehmung und andere sensor-motorische Aktivitäten – hirnorganische Grundlagen für kreatives Handeln und Denken sowie für emotionale Intelligenz –, werden unterentwickelt. Teletubbies als Einstiegsdroge zur Verblödung: Die Hormone, die beim aufregenden Fernsehen frei gesetzt werden, machen süchtig.

Forscher lassen keine Zweifel: Zu viel Medienkonsum ist ein zentrales Problem für körperliche und seelische Gesundheit, schulische und andere Leistungsfähigkeit, Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit, Entwicklung von Werten und Lebenseinstellungen.

Gezielt konsumieren
Was ich Ihnen rate, wird Ihr Sohn wahrscheinlich nicht gerne hören. Dennoch: Ich schlage Ihnen vor, dass Sie …
- … Ihrem Kind nicht erlauben, einen eigenen Fernseher zu haben – ausser, Sie sind sich sicher, dass der Konsum in Massen bleibt.
- … das Fernsehprogramm studieren und gemeinsam die Sendungen anstreichen, die Sie sehen wollen. Nehmen Sie interessante Sendungen auf, damit das TV-Programm nicht Vorrang hat vor anderen Aktivitäten.
- … grundsätzlich nie den Fernseher laufen lassen „… nur um mal zu sehen, was kommt“.
- ... sich soweit wie möglich auf öffentlich-rechtliche Sender beschränken. Man kann TV-Empfänger auf unerwünschten Kanälen blockieren. Öffentlich-rechtliche Sender haben einen Bildungs- und Informationsauftrag: Die „Sendung mit der Maus“, „Löwenzahn“, „Quarks & Co.“ oder Nachrichtensendungen für Jugendliche sind von hoher Qualität. Die Privaten verdienen ihr Geld mit Werbung – und das heisst: möglichst billige Programme, die möglichst viele Kinder und Jugendliche möglichst lange vor dem Bildschirm halten, damit diese mit möglichst viel Werbung voll gepumpt werden. Und die wirkt: Werbung weckt Konsumwünsche, definiert, was angesagt ist, und sexualisiert die Kindheit.
- … Sie Ihren eigenen Fernsehkonsum kritisch unter die Lupe nehmen. Eltern sind primäre Vorbilder für alle Kommunikations- und Sozialverhalten und hierbei ist das Medienverhalten ein zentraler Aspekt.

Zum Thema: Videospiele fördern die Intelligenz!

Autor: Dr. Ulrich Giesekus ist Psychologe, führt eine Praxis für Psychotherapie in Freudenstadt (Schwarzwald) und arbeitet bei der „Bildungsinitiative für Prävention, Seelsorge und Beratung“ mit. E-Mail: info@gieskus.de


Quelle: NEUES LEBEN. Das Christliche Ratgeber-Magazin
Datum: 26.07.2005

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