Das Internet im Kinderzimmer fördert die Medienverwahrlosung
Nach Berechnungen des deutschen Hirnforschers Manfred Spitzer verbringen die Hälfte der 15-Jährigen jährlich 1000 Stunden in der Schule, aber 1200 Stunden vor dem Fernseher. Nebst andern Folgen setzen sie damit ihre Gesundheit aufs Spiel. Doch damit ist nur eines von zahlreichen Problemen angesprochen, mit denen sich Jugendliche angesichts der alten und neuen Medien herumschlagen, wie der Pädagogikprofessor Heinz Moser an der Tagung am Donnerstag in Solothurn erklärte. Beispiele gefällig? In einer kürzlichen Befragung sagte über die Hälfte der befragten Sekundarschüler aus, dass Kollegen gegen ihren Willen Pornovideos auf ihr Handy übertragen erhalten hätten. Eine weitere Studie in Deutschland hat zutage gebracht, dass 56% der 12-17-Jährigen die 135 schulfreien Tage im Jahr häufig dafür nutzen, am Vortag bis weit in die Nacht hinein jugendgefährdende Filme zu konsumieren. Der Kriminologe Christian Pfeiffer spricht von einer „Medienverwahrlosung“. Solche Beobachtungen zeigen aber laut Moser nur die Spitze eines Eisbergs. Medienverwahrlosung nicht zulassen
An die Eltern ergeht daher die Aufforderung, sich kundig zu machen, ihre Kinder zu begleiten, sich für ihre Spiele und beliebte Webseiten zu interessieren und dabei immer wieder dazuzulernen. Dann seien sie auch in der Lage, Grenzen zu setzen. Eine Hilfe dazu bieten die Ratings neuer Filme, Computer- und Videospiele, wie der Microsoft-Manager Peter Züger erklärte. Diese machen es möglich, dass zum Beispiel die neue Spielkonsole XBox 360 so programmiert werden kann, dass Kinder nur Spiele nutzen können, die ihrem Alter entsprechen. Das neue Windows System Vista enthalte einen verbesserten Kinderschutz, der es Eltern erleichtert, unerwünschte Webseiten zu sperren und die Nutzerzeit einzuschränken. Nicht alle Jugendlichen gleich gefährdet
„Viele Eltern wollen jedoch nicht wirklich wissen, was die Kinder konsumieren!“, stellte der Pädagoge nachdenklich fest. Noch weniger wollten sie wissen, was das Kind oder der Jugendliche sonst noch liest, sieht und konsumiert (Medienmix). Doch auch unter solchen Jugendlichen sei eine gewisse Resilienz zu beobachten. Trotz ungünstiger Umstände nähmen einige durch ihren exzessiven Medienkonsum keinen Schaden. Internet-PC gehört nicht ins Kinderzimmer kinderschutz.ch ist die Webseite von Kinderschutz Schweiz und der Fachstelle ECPAT zur Bekämpfung der Internet-Kriminalität, die sich durch Informationsarbeit und politische Aktivitäten für den Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung einsetzen. Karolina Frischkopf, Leiterin der ECPAT-Fachstelle, warnte insbesondere davor, einen Computer mit Internet-Anschluss ins Kinderzimmer zu stellen und damit weitgehend auf die Kontrolle zu verzichten. Kein Wall gegen unerwünschte Porno-Videos
Wie beurteilen Jugendliche selbst die verschiedenen Bemühungen um Jugendschutz? Auf einem Podium nahm dazu Alice Vollenweider, Präsidentin der Union der Schülerorganisationen, Stellung. Die Angst der Eltern sei verständlich, so die junge Frau. Für Jugendliche sei es aber oft lächerlich, worüber sich die Alten aufhielten. Vieles davon sei für Jugendliche selbstverständlich. Trotzdem sollten Eltern – und ebenso das Gesetz – Grenzen setzen. „Denn Jugendliche probieren immer wieder Dinge aus, die nicht für sie gedacht sind“, so Vollenweider. Besonders wenn sie verboten seien. | ||||||||||||||||||||||||||||||||
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