Ess-Störungen – die Kehrseite des Schlankheitswahns

 
Bulimie
In unserer „schlank-schönen" Gesellschaft wird Untergewicht selten als Problem gesehen. Im Gegenteil, sie werden eher beneidet, die Dünnen. Doch die Kehrseite des „Schlankheitswahns" äussert sich häufig in Ess-Störungen.

Ess-Störungen sind psychische Störungen, die sich besonders bei Mädchen und jungen Frauen, aber immer häufiger auch bei Männern, manifestieren. Zu den Ess-Störungen zählen die Magersucht (Anorexia nervosa), die Ess-Brech-Sucht (Bulimie oder Bulimia nervosa) und die Ess-Sucht („Binge eating disorder").

3 bis 5 Prozent der Bevölkerung leiden unter Bulimie, der Anteil der in Deutschland unter Ess-Sucht Leidenden wird auf 10 bis 20 Prozent der Übergewichtigen geschätzt.

Zwischen Kontrolle und Zusammenbruch
Für viele Patienten mit Ess-Störungen bedeutet Nahrungsaufnahme eine permanente Bedrohung. Essen hat für sie eine psychische Dimension. Nicht Appetit auf Schmackhaftes, Genuss oder gar echter Hunger prägen ihr Essverhalten, sondern die Angst vor Kalorien. Bis dann in der Fressattacke die rigide Kontrolle total zusammenbricht.

Ess-Störungen werden vor allem psychotherapeutisch behandelt. Eine Ernährungsberatung reicht keinesfalls aus; die Probleme der Betroffenen haben in erster Linie mit ihrer Einstellung zum eigenen Körpergewicht und zur eigenen Figur zu tun, nicht mit einem mangelndem Ernährungswissen.

Das Neuerlernen eines normalen flexiblen Essverhaltens sowie die akzeptierte Stabilisierung eines normalen Körpergewichtes sind das Ziel der Therapie von Ess-Störungen.

Die Magersucht
Anorektische Patientinnen weigern sich, eine ausreichende Nahrungsmenge zu essen. Mahlzeiten werden ausgelassen, oder es werden nur geringe Mengen verzehrt. Die Folge ist ein starker Gewichtsverlust. Bei Patientinnen liegt der Body-Mass-Index unter 16, das heisst gerade um 40 kg oder darunter.

Die schwere Erkrankung tritt meist zwischen dem 10. und 25. Lebensjahr auf, schwerpunktmässig in der Pubertät. Durch die Abmagerung kann es zu Todesfällen kommen.

Zur Krankheit gehört ein subjektiv gestörtes Körperbild: Die Patientinnen wollen ein „Idealgewicht" erzwingen. Sie haben zudem panische Angst vor einer Gewichtszunahme, obwohl sie objektiv stark untergewichtig sind.

Typisch sind auch eine gewisse Ruhelosigkeit und der gesteigerte Bewegungsdrang. Dieser dient der Kontrolle des Körpergewichtes. Einige Patientinnen haben zudem regelmässig Essanfälle, die sie durch selbst herbeigeführtes Erbrechen, den Missbrauch von Abführmitteln, Diuretika oder Einläufen kompensieren wollen.

Die Patientinnen leiden nicht nur an psychischen Problemen, sondern auch an akuten Energie- und Nährstoffdefiziten, die in der Therapie zunächst behoben werden müssen.

Die Ess-Brecht-Sucht
Die Bulimia nervosa ist gekennzeichnet durch Fress-Attacken, die mindestens zweimal pro Woche auftreten. Es werden innerhalb von Minuten bis zu einer Stunde grosse Mengen von Lebensmitteln verschlungen und durchschnittlich zwischen 3.000 und 4.000 Kilokalorien aufgenommen, in Extremfällen sogar 10.000 Kilokalorien oder mehr.

Während des Essens empfinden die Patienten einen Kontrollverlust: Sie haben das Gefühl, nicht mit dem Essen aufhören zu können. Ausserhalb der Fressattacken kontrolliert Bulimie-Patientinnen ihr Essverhalten sehr rigide.

Phasenweise wird wenig oder gar nichts gegessen, bis dann die nächste Fressattacke auftritt. Danach folgt bei den Patientinnen regelmässig eine längere Fastenperioden oder exzessives sportliches Training, um der Gewichtszunahme durch rigide Gewichtskontrolle entgegenzuwirken.

Im Gegensatz zur Anorexie haben Bulimie-Patientinnen kein Untergewicht. Bei Bulimie-Patientinnen ist eine verhaltenstherapeutische Therapie sinnvoll und zumeist erfolgreich.

Die Ess-Sucht
Das Krankheitsbild der Ess-Störung „Binge eating disorder" ähnelt dem der Bulimie. Hauptmerkmal der Ess-Sucht sind die wiederkehrenden Heisshungerattacken. Jedoch fehlt bei den Patienten das charakteristische Kompensationsverhalten.

Erbrechen, abführende Massnahmen, Fasten oder exzessiver Sport treten nicht auf. Die hochkalorische Nahrungsaufnahme steigert jedoch das Risiko, Übergewicht zu entwickeln oder zu vermehren. Oft sind mit dem Krankheitsbild Depressionen oder Persönlichkeitsstörungen verbunden.

Die Fressattacken der Patientinnen sind mit drei oder mehr der folgenden Merkmale verbunden: Die Patienten essen:

  • wesentlich schneller als normal,

  • so lange, bis sie sich unangenehm voll fühlen,

  • grosse Mengen ohne Hunger, und

  • sie fühlen sich nach den Essanfällen angeekelt, depressiv oder schuldig.

Der erste Schritt in der Behandlung von essgestörten Patienten besteht im Aufbau der Behandlungsmotivation und einer verhaltenstherapeutischen Strategie. Dabei ist eine ambulante Behandlung, wenn möglich, immer einer stationären vorzuziehen.

Auch die Vermittlung von Ernährungswissen ist notwendig, da essgestörte Patientinnen zwar über ein detailliertes Wissen in Bezug auf den Fett- und Kaloriengehalt von Lebensmitteln verfügen, aber sonst kein oder nur wenig Ernährungswissen aufweisen.

Bearbeitung: Lebenshilfe-net.ch


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung

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